Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 4, 1983

Scheibbs im Jahre 1710, Zeichnung eines unbe kannten Topographen. - Oberösterreichisches Landesarchiv, Neuerwerbungen Hs 140 St.Äeto5; mk 4 C- >—>*■ c'fi '£uS^f^ Die Scheibbser Eisenhändler versuchten da her, direkt in die Eisenverarbeitung einzustei gen. 1811 kauften die Eisenhändler Johann Gabesamb, Franz Zwickel, Franz Grubmayr, Franz Wiihaim, Karl Sommer, Franz Hueber und Franz Eibner den Knittel- und Sensen hammer zu Purgstall und gestalteten ihn in ein Streckhammerwerk mit 2 Streckfeuern und 2 Streckhammerschiägen um. 1824 erwarb Josef Gabesamb das Hammerwerk, das im mer mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, im Alleinbesitz. Der Niedergang des Scheibbser Eisenhandels hatte sich inzwischen bereits vollzogen. 1830 gab es nur mehr drei Eisen handlungen in Scheibbs, gegen Ende des 19. Jahrhunderts nur mehr eine, die aber nur mehr für den regionalen Bedarf arbeitete. Aber auch die Eisenverarbeitung hatte im Er lauftal keine Zukunft, in der Auseinanderset zung um die Nachfolge des Widmungs systems hatten sich im Dreimärktebezirk die Großzerrennhammermeister des oberen Ybbstales gegenüber den Kleinhammer schmieden und Eisenhändlern klar durchset zen können, so daß im Erlauftal die Möglich keiten zum Aufbau einer quantitativ bedeu tenden Eisenverarbeitung sehr stark einge schränkt worden waren. Die Hämmer des oberen Ybbstales konnten zwar in der napoieonischen Zeit ansehnliche Erfolge verzeich nen. Zur gleichen Zeit, die ja eine Periode der Hochkonjunktur der Eisenindustrie war, konnte sich im Erlauftal kein größerer Betrieb neu etablieren oder aus der Masse der kleinen Schmieden herauslösen. Die Töpper'sche Walzblechfabrik, die auf den Erfindungen die ses genialen Mannes basierte und als einzige den Sprung zum Großbetrieb hätte schaffen können, wurde erst 1817 gegründet, also in einem ausgesprochenen Krisenjahr. Der Standort der Großzerrennhämmer im oberen Ybbstal enwies sich im weiteren Verlauf der In dustrialisierung als gar nicht günstig. Im etwas besser gelegenen Erlauftal aber fehlten bis ins 2. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts die Impul se. Die Eisenhändler waren durch die Aufhe bung der Widmung so geschwächt worden, daß sie für einen Eisengroßhandel nicht die nötige Kapitaikraft aufbringen konnten. Daher gingen hier vom Handel keine Initiativen aus. Das Purgstalier Streckhammerwerk blieb ein immer von der Stillegung bedrohter Ausnah mefall. Und auch die Kleinhammerschmiede waren so ins Eck gedrängt worden, daß keiner von ihnen den Sprung zur industriellen Pro duktionsweise schaffte. Wesentlich für die weitere Entwicklung der Ei senindustrie waren die technischen Verände rungen, die schon seit der Mitte des 18. Jahr hunderts eingesetzt hatten. Um 1750 waren in innerberg, wenn auch reichlich verspätet, die Floßöfen eingeführt worden. Dadurch wurde die Unterscheidung von Haibmäßeisen und Gragiach hinfällig, es gab nur noch das graglachähnliche Roheisen. Vorher wurde es ge nerell so gehandhabt, daß alles Halbmäßeisen in den Welschhämmern der Hauptgewerk schaft verarbeitet wurde, der Gragiach aber fast zur Gänze den dreimärktischen Zerrennhämmern überlassen wurde. Nach der Einfüh rung der Floßöfen wurde den drei Märkten die dem früheren Gragiachquantum entspre chende Menge Roheisen abgegeben, die na türliche technische Teilung war aber hinfällig geworden. Die Welschhämmer der Gewerk schaft wurden zu Zerrennhämmern umgestal tet, so daß den dreimärktischen Zerrennhäm mern nach Auflösung der Widmung von die sen größeren Werken schon vor Einführung des Puddiing- und Bessemerverfahrens eine starke Konkurrenz erwuchs. Auf die Dauer hatten nur diejenigen Betriebe im Scheibbser Bereich eine Überiebenschance, die sich fabriksmäßig auf Finalproduktion verlegten. Obwohl die Großzerrennhämmer im oberen Ybbstal nach der Aufhebung der Widmung zu ansehnlichem Wohlstand ka men, z. B. Amon in Lunz, verpaßten sie die Umstellung vom Zerrennbetrieb auf eisenver arbeitende Industrie. Es hätte zu einer viel ra dikaleren Standortverlagerung kommen müs sen, vom so schwer erreichbaren oberen Ybbstal ins zugänglichere Erlauftai, von den wasserarmen Nebenbächen an die antriebs stärkere Erlauf. Die Kleinhammerschmiede waren verleitet, in ihrer gewohnten Arbeits weise fortzufahren. Die potenteren Werke des Ybbstais aber erkannten erst viel zu spät die Notwendigkeit, in bessere Lagen und neue Produkte auszuweichen. Eine Vergrößerung der Betriebe zur Zeit der Widmung war nicht möglich gewesen, da jeder Hammerschmied nur ein gewisses Quantum Rohstoff zugeteilt bekam. So ist es zu erklären, daß den Ham merschmieden jeder Sinn für Betriebsvergrö ßerungen und Investitionen fehlte. Schon im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts war die Konkurrenz der westeuropäischen Ei senindustrie auf den Exportmärkten der öster reichischen Eisenindustrie immer stärker spürbar geworden. Innerhalb Österreichs war die ausländische Konkurrenz durch hohe Schutzzölle ausgeschaltet. Während sich die ausländische Industrie immer mehr moderne Errungenschaften zunutze machte, gab das Prohibitivsystem in Österreich weder den Im puls zu irgendeiner wesentlichen Verbesse rung oder Vergrößerung der alten Werke, noch ließ es einen echten Vergleich mit dem Aus land zu. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Eisenpreise in Österreich so hoch gestiegen, daß trotz der hohen Zollschranken das ausländische Eisen nicht teurer kam als das im Inland erzeugte. Für die kleineren Werke bedeuteten die herrschenden Eisen preise eine schwere Belastung, denn die ho37

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