Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 4, 1982

Literaturbeilage der Kulturzeitschrift Oberösterreich Heft 4/1982 Ein Leben für das Theater Hermann Heinz Ortner 14. November 1895 - 18. August 1956 Auswahl und Einführung: Aldemar Schiffkom Er hat das Einfache der Starken, die mit ganz schlichten Figuren das Theater erschüttern. Felix Saiten Ernst Schönwiese hat sich vor 22 Jahren im österreichischen Litera turorgan ,,Wort in der Zeit" mit dem Urzwiespalt in unserer Gegen wartsliteratur auseinandergesetzt. Was er damals in seinem Essay an Erfahrungen aussprach, bestätigt sich immer wieder in der Literatur kritik: ,,Kritiker, die unter dem Motto ,Was wir von der Kunst wollen' schreiben, besitzen einen Jahrzehnt-Horizont. Wer lange genug gelebt hat, weiß, daß Kritiker dieser Art in jedem der vergangenen Jahrzehnte etwas von den Künstlern ,gewollt' haben und innerhalb jedes Jahrzehnts noch vielerlei sich Widersprechendes." Dies mußten auch zwei der erfolgreichsten Dramatiker Oberöster reichs erfahren: Richard Billinger und Hermann Heinz Ortner. Als ei nes der Spätwerke Billingers von der Kritik arg verrissen worden war, meinte allerdings Otto Basil: ,,Von der überschäumenden Kraft die ses modernen Zacharias Werner könnte eine Generation von Nachtstudio-Autoren, Sekundär-Gscheitlern und Brecht-Nachäffern le ben." Auch für Hermann Heinz Ortner und sein Bühnenwerk mag Ähnliches gelten. Blickt man in die Rezensionen zu Ortners Auffüh rungen der zwanziger und dreißiger Jahre, liest man dazu Presse stimmen aus der Kriegszeit und hört man dann spätere Urteile, so läßt sich ohne Mühe feststellen, daß der Kritiker ebenso rasch seine Auf fassung ändern kann wie das Publikum seinen Geschmack. Es muß nicht immer nur Opportunismus die Ursache dafür sein. Daß im oft sehr jähen Wandel der Zeitverhältnisse auch Schriftsteller und deren Rezensenten in den Dienst des Tages getreten sind, weisen nicht erst die jüngsten Kapitel der Literaturgeschichte nach. Hermann Heinz Ortners Biographie bestätigt den häufig gebrauchten Wahrspruch: ,,Tempora mutantur, et nos mutamur cum ilUsI/Zeiten verändern sich, wie wir uns verändern mit ihnen!" Hermann Heinz Ortner wurde am 14. November 1895 in Bad Kreuzen im unteren Mühlviertel geboren. Väterlicherseits stammt er, wie sein um fünf Jahre älterer Landsmann Richard Billinger, aus dem Innvier tel, und zwar aus Ranshofen bei Braunau am Inn, wo die Familie Ort ner seit 1560 urkundlich belegt ist. Der Vater, Georg Ortner, war- ehe er sich in Bad Kreuzen als Kaufmann niederließ - in Wien Schauspie ler gewesen. Bei dem berühmten Burgschauspieler Friedrich Mitterwurzer hatte er Schauspielunterricht erhalten. Therese Buchner, die Mutter, war Kindergärtnerin gewesen und stammte aus der nieder bayerischen Stadt Straubing. Ihre Ausbildung dürfte sie bei den Lin zer Ursuünen erhalten haben, zumal sie sich zunächst mit der Absicht getragen hatte, Ordensfrau zu werden. Das Theaterblut hat Hermann Heinz vom Vater geerbt, der allerdings gegen eine Künstlerlaufbahn seines einzigen Kindes entschiedenen Einwand erhob, als Hermann Heinz später Schauspieler werden wollte. Von den pädagogischen Anlagen der Mutter war jedoch auf den überaus lebhaften und un bändigen Jungen — sehr zum Leidwesen der Eltern — nichts überge gangen. Das mußten Georg und Therese Ortner nur allzubald fest stellen. Eine Aufnahme als Sängerknabe im Benediktinerstift Kremsmünster nach Besuch der Volksschule im Heimatort ließ sich nicht erreichen'. So trat Hermann Heinz 1907- wie einst auch BüHnger - in das Linzer bischöfliche Knabenseminar Petrinum ein, mußte die ses aber schon sehr bald verlassen und in die Linzer Bürgerschule in der Spittelwiese übertreten. Wegen einiger ,,Bubenstreiche" wurde jedoch Hermann Heinz vom Besuch der Linzer Schulen ausgeschlos sen. Nach einem kurzen Intermezzo in der Erziehungsanstalt Volders, das Hermann Heinz durch seine Flucht beendete, wurde das Sorgenkind von den Eltern im Jahr 1909 dem Konvikt der Marianisten in Freistadt anvertraut. Was an den Linzer Schulen und in Volders nicht gelingen wollte, brachten die als Pädagogen bewährten Lehrer des Marianistenordens zustande: Hermann Heinz wurde Vorzugs schüler. Der Freistädter Konviktszeit folgte über Drängen der Mutter die kaufmännische Lehre im Geschäftshaus Mayer zu Vöcklabruck während der Jahre 1911 bis 1913. Mit einem 1914 abgeschlossenen Kurs an der privaten Linzer Handelsschule ,,Gatti" beendete der junge Ortner dann seine kaufmännische Ausbildung. In Linz war Hermann Heinz Ortner zu einem eifrigen Besucher des Landestheaters geworden. Die Bühnenkunst zog ihn bald unwider stehlich in ihren Bann. Bei Anton Frey tag, dem feinsinnigen Helden darsteller, Regisseur und kultivierten Rhetoriker, nahm der junge Kaufmannssohn — sehr zum Verdruß der Eltern — Schauspielunter richt. Zunächst Choreleve am Landestheater, geht Ortner dann an das Iglauer Stadttheater ins Engagement. Seit 1915 zum Linzer Infan terie-Regiment 14 eingezogen, zeitweise jedoch vom Militärdienst enthoben, begegnen wir dem jungen Mimen auf den Bühnen von Karlsbad, Marienbad, ödenburg, Pilsen, Reichenberg, Steyrund Teschen, wo er — wie viele nachmals bedeutende Künstler - sich jene Theatererfahrung aneignen konnte, die dann für Hermann Heinz Ortners dramatische Werke kennzeichnend sein wird. Eine Erkran kung führt ihn in die Heimat zurück. Für die Reichenberger Festspiele 77

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