Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 4, 1982

vermutlich 1831 erstmals in Leipzig - sangen. Und von hier aus trat es meist als „Tiroler Volkslied" - die beiden Schöpfer hatte man längst vergessen - seinen Weg durch Deutschland und schließlich durch die Welt an. Hofopernsänger Josef Bietzacher aus Hannover fand die Melodie 1873 als Choral of Salzburg in einem nordamerikanischen Schulhaus auf der Wiener Weltausstellung, und 1891 berichtet er über die Verbreitung des Liedes in England, Schweden und Britisch-lndien. P. Andreas Dietrich, in der katholischen Seeisorge Norwegens tätig, konnte es dort um die Jahrhundertwende als evangelisches Volkslied nachweisen, und der spätere Erzabt des Stiftes St. Peter in Salzburg, P. Petrus Klotz, fand es auf seinen Weltreisen, meist verbreitet durch christliche Missionare, in Afri ka, Neuseeland und Südamerika. Daß es mit seiner Verbreitung manchen be dauerlichen Veränderungen hinsichtlich des Textes und besonders der Melodie unterlag, daß man mit den Autoren auch seine Heimat vergaß und schließlich kaum noch jemand um seine Herkunft wußte, darf nicht verwundern. So wandte sich im Jahre 1854 die Königliche Hofkapelle in Berlin an das Stift St. Peter in Salzburg, um über das ihrer Meinung nach von Michael Haydn, dem ,,Salzburger Haydn", stammende Lied Auskunft zu erhalten. Die Anfrage führte zur Abfassung der Authenti schen Veranlassung zur Composition durch den Komponisten. Die eigentliche Liedforschung begann jedoch f# erst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, wobei der deutsche Volksliedforscher Ludwig Erk, der schon erwähnte Hofopernsänger Jo sef Bietzacher, der Berliner Schriftsteller Otto Franz Gensichen und Lehrer Josef Gottlieb aus Frankfurt a. M. sich besondere Verdienste erwarben, in der Heimat des Liedes verteidig ten die Nachkommen des Komponisten zwei mal erfolgreich dessen im sogenannten Urhe berstreit angegriffene Autorschaft. Auch Möhrs Verdienst am Text und dessen Wert glaubte man angreifen zu müssen. Musikkriti ker wieder verwarfen die ,,verfehlte Komposi tion"; und trotzdem trat es einen wahren Sie geszug durch die Welt an wie kaum ein Lied zuvor. ,,Was aus tiefgläubigem Herzen ent quollen, was in bester, reinster Absicht ent standen, das bricht sich Bahn, trotz formeller Unebenheiten, aber auch trotz nörgelnder und unangebrachter Kritik." Man muß dem Enkel des Komponisten, Franz Gruber, beipflichten. So etwa hat der Grazer Kirchenhistoriker Dr. Karl Amon auf den theologischen und aszetischen Wert der vollen sechs Strophen hinge wiesen. Amon, nicht nur Kirchenhistoriker, sondern auch bekannt als Leiter der Überset zergruppe der internationalen Arbeitsgemein schaft der Liturgischen Kommissionen für das ganze deutsche Sprachgebiet und gegen jede Art von Kitsch sehr kritisch eingestellt, schließt seine erwähnten Ausführungen in der Zeit schrift ,,Gottesdienst" mit den Worten: „Selten ist biblisches Gedankengut so schlicht in die Sprache einer ganz anderen Zeit übertragen worden. Darin liegt der bleibende Wert des Stille Nacht. Bevor wir es also aus der Christ mette verbannen, sollten wir es besser der Gemeinde vertiefend erschließen und in der Feier an einer Stelle singen, an der es sich meditativ entfalten kann." Für alle Fälle sollen hier den Lesern die sechs Strophen des Liedes aufgezeigt werden, da sie sonst schwer irgendwo zu finden sind und auch häufig mit fehlerhaftem Text gesungen werden: Diese Landkarte aus der 1. Hälfte des 19. Jahr hunderts wurde in der Volksschule Berndorf, Bezirk Salzburg, gefunden. Sie Ist In der Schule ausgestellt. Sie stellt den Schulbezirk dieses Flachgauer Ortes dar, der an die oberösterreichi sche Gemeinde Perwang grenzt. Sie wird der Tradition nach als Arbelt von Franz Xaver Gruber angesehen 36

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