Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 4, 1981

Regionen zu verhindern, versuchte man durch die Errichtung von Fachschulen in den Zen tren der Hausindustrie eine Qualitätsverbes serung und damit eine Absatzsteigerung zu erzielen. So entstand in der Viechtau bei Gmunden eine Schnitzerschule, die später nach Ebensee und schließlich nach Halistatt verlegt wurde. Im Mühlviertei, das seinen zahl reichen Hauswebereien den Namen ,,Bandlkramerland" verdankt, errichtete man in Has lach eine Fachschule für Weberei. Die fortschreitende Urbanisierung weckte aber auch das Verlangen nach dem Natürli chen, Ursprünglichen und Einfachen, denn man hoffte, daraus ein neues Lebensgefühi, eine neue Sinnerfüllung zu gewinnen. Eine ganz neue, der Jugendbewegung zugeneigte Richtung begann sich mit der,,Kunst auf dem Lande" zu beschäftigen. Selbst Künstler such ten Zugang zur primitiven Kunst. Die Heraus geber des ,,Blauen Reiters", Wassilij Kandinsky und Franz Marc und ihr Kreis in Mün chen, bekannten sich nachdrücklichst zur Volkskunst, in der sie den Urzustand des Bild nerischen erblickten. Man verglich die Volks kunst mit den bildnerischen Äußerungen der Kinder und der Naiven und schloß daraus auf die ,,primitiven" Stadien der Kunst. Mit den Aussteilungen ,,Kunst im Ursprung" in Linz 1953 und ,,Bajuwarisches Oberösterreich", in der ,,das Weiterieben frühbairischer Gesittungs- und Kulturformen im Raum des heuti gen Bundeslandes Oberösterreich" gezeigt werden sollte, hat Franz C. Lipp diesen An satzpunkt weitergeführt und mit Objekten der rezenten Volkskunst zu verdeutlichen ver sucht. Die während seiner Direktionszeit am Oberösterreichischen Landesmuseum orga nisierte Baiernaussteilung des Jahres 1977 sollte über die Kontinuitätsvorstellungen hin aus besonders auf das Beharren der stammli chen Eigenart verweisen. Die Bewahrung und Förderung der eigenständigen Erzeugnisse einer hausgewerbiich oder handwerklich ge fertigten Produktion, die von der skandinavi schen ,,Hemsiöjd"-Bewegung ausgehend in der Folge zur Gründung der Heimatwerke führte, war bereits seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu einem nationalen Anliegen geworden. Diese verschiedenen Strömungen zeigen, daß die Hinwendung zur Volkskunst zunächst von sachfremden Erwä gungen geleitet war. Wie Bernward Deneke im fünften Supplementband der Propyläen Kunstgeschichte in seiner Einleitung zur,,Eu ropäischen Volkskunst" hervorhebt, ging es einerseits um die Stabilisierung wirtschaftli cher Verhältnisse bzw. um die Lösung sozialer Aufgaben und andererseits um die Entfaltung eines nationalen Stiles insbesondere durch die Rekonstruktion kultureller Verhältnisse der Vergangenheit. ,,Ofenbäuerin", Kachelofen in Form einer Bäuerin aus Münzbach bei Perg, ehemals im Tanzsaai des Gasthauses Korninger, farbig glasierte Majolika, spätes 18. Jahrhundert. - Foto: Meyer K. G. Wien. Alle Aufnahmen zu dieser Abhandlung zeigen Exponate des Osterreichischen Museums für Volkskunde in Wien. Mit einer verstärkten Sammeltätigkeit sollten dafür die Grundlagen geschaffen werden. Auf der Weltausstellung des Jahres 1873 in Wien erfolgte damals eine Zusammenstellung der ländlichen Erzeugnisse unter dem Titel ,,na tionale Hausindustrie". Wenige Jahre später gab es 1890 im Rahmen der allgemeinen Land- und Forstwirtschaftlichen Aussteilung in Wien eine separate Ausstellung über ,,Die Hausindustrie Österreichs", für die der oö. Pro fessor an der Hochschule für Bodenkultur und Direktor des Technologischen Gewerbe-Mu seums, Wilhelm Exner, verantwortlich zeich nete. Die Ausstellungen rückten die gefähr dete Kultur ländlicher Lebensformen ins Blick feld musealer Dokumentationsbestrebungen. Die stärksten Impulse gingen dabei vom ,,Nordischen Museum" in Stockholm aus, das Artur Hazeiius 1873 begründet hatte. Sie wirk ten bis nach Österreich, wo Michael Haberlandt und Wilhelm Hein daran gingen, ein ,,österreichisches Volkskundemuseum" zu errichten. Sicher wird dabei die aufsehenerre gende ,,tschechoslavische" Volkskundeaussteiiung 1895 in Prag, die zur Gründung des Prager Volkskunde-Museums führte, die bei den Kustoden der Anthropologischen Abtei lung des Naturhistorischen Museums in ihrem Plan bestärkt haben. Anders als in Prag sollte es aber kein ,,Nationalmuseum" werden, son dern eines für alle Völker der Monarchie. Dafür gründeten sie 1894 den ,,Verein für Volkskun de" in Wien, der bis heute Träger des ein Jahr später institutionalisierten Museums blieb. Schon im nächsten Jahr 1895 traten die beiden mit einer Ausstellung im k. k. österreichischen Museum für Kunst und Industrie an die Öffent lichkeit. Man wollte die ersten Erwerbungen des Vereines vorzeigen, um den Mitgliedern und einem interessierten Publikum die Sammelzieie des Volkskundemuseums zu ver deutlichen. Es ist interessant, daß die über wiegende Anzahl der ausgestellten öbjekte aus öberösterreich stammte. Michael Haberlandt berichtet, daß er und der Vereinskassier Fr. X. Größl bereits Gelegenheit gehabt hät ten, aus öberösterreich selbst aufzusammeln bzw. Sammlungen zu erwerben. Mit lebhafter Befriedigung gedenkt er der edelmütigen Schenkung einer bedeutenden Sammlung volkskundlicher Gegenstände durch Adolf Nunwarz aus Urfahr, wodurch es möglich war, zwei oberösterreichische Bauernstuben in ih rer typischen Ausstattung in der Ausstellung zu zeigen. Der erste Jahrgang der,,österrei chischen Zeitschrift für Volkskunde" enthält sogar davon Abbildungen. Außerdem ver dankt das Museum dem Gennannten eine Kollektion oberösterreichischen Siiberfiiigran-Schmucks. Unter den Leihgebern schei nen der Begründer des Ennser Musealverei nes Vincenz Fürstenberg, der eine größere Sammlung volkstümlicher Gegenstände aus der Umgebung von Enns zur Verfügung stell te, und die Familie A. Pachinger aus Linz auf, die eine Sammlung von oberösterreichischen „Costümestücken" beisteuerte. Der bekannte und eigenwillige Privatsammler Anton M. Pa chinger hatte dem Museum ja bereits eine be achtliche Anzahl von Öbjekten gespendet. Unter der Nummer 34 begegnet uns sein Name mit einem Fächer aus Ebensee im In ventarbuch zum erstenmal, dann folgt ab Nummer 53 bis 322 eine geschlossene Serie, die sich als ein buntes Sammelsurium liest: Neben Linzer Godhauben findet man da so unterschiedliche Dinge, wie ein Busentuch, Pfeifen, eine Spindeluhr, Hornkämmer, ein

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