Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 1, 1981

Die Soieieitung von Haiistatt nach Ebensee Winfried Aubeil Als die Oberfläche unseres Erdballs ab kühlte und sich jene „Kruste" bildete, auf der Leben entstand, war bereits das Salz, Kochsalz, in geringen Spuren auf der Erdo berfläche vorhanden, allerdings war dieses Mineral, zum Unterschied von vielen ande ren, wasserlöslich. So sorgte der ewige Kreislauf von Regen und Verdunstung da für, daß das Salz in das Meer kam und sich dort anreicherte. Aus besonderen Verdunstungs- und Konzentrationsvorgängen im Lauf der Entstehungsgeschichte der Erde konnten sich jedoch auch sogenannte Ursalzlager bilden, die in der Tiefe ruhten, bis Überschichtungen schwerer Gesteine bei Auffaltung der Alpen einen hohen Überlage rungsdruck ausübten und das plastische Salz in Bewegung geriet. Das Salz wurde aus seiner Tiefe emporgequetscht und füllt nun als Berg im Berg jene Salzstöcke aus, die wir heute abbauen. Allerdings war die ses Aufwärtskriechen des Salzes in Jahrmil lionen verbunden mit Vermengungsvorgängen mit Deckgebirgsschichten, so daß un sere alpinen Salzlager ein Trümmergestein, Haselgebirge genannt, bilden. Nur 50 bis 70 Prozent Kochsalz, NaCI, ent halten unsere Salzberge, und nur geringe Vorkommen an hochwertigem Steinsalz können bergmännisch gewonnen werden. Der Großteil des Salzes verlangt daher den ,,nassen" Abbau, das heißt das Einleiten von Wasser in das Haselgebirge, somit das Auslaugen bis zur Sättigung, und das Her ausleiten der so gewonnenen Sole aus dem Berg, damit aus ihr durch Verkochen das weiße Kristallsalz ausfällt. Der Bergmann treibt also Stollen in das Salzgebirge, schafft Kammern, füllt diese mit Wasser und das Wasser laugt das Salz seiner Umgebung aus, so daß große Hohlräume entstehen. Aus dieser Einführung ergibt sich die Be gründung der Soleleitung vom Ursprung der ,,Salzwurzen" bis zum heutigen Tag. Die Soleleitung war als Förderorgan vom Salz berg zum Sudhaus in allen Zeiten der wirt schaftlichen und politischen Entwicklung von wesentlicher Bedeutung und stellt trotz ihrer Verborgenheit in der Erde auch eine Verbindung zu den Wesenszügen der Men schen des Salzkammergutes her. Der Salz bedarf des menschlichen Organismus hat die Salzgewinnung in einfacher Form an den ,.Ausbissen" der Lagerstätten, das heißt an jenen Stellen, wo das Salz an der Erdober fläche zutage tritt, wohl schon in grauer Vor zeit hervorgerufen. Der prähistorische Abbau in Hallstatt von 800 bis 400 V. Chr., nach Entdeckung des Gräberfeldes im vorigen Jahrhundert als ausgereifte bergmännische Salzgewinnung wie als Kulturträger einer großen Epoche bekannt, soll hier nur kurz erwähnt sein. Verwunderlich ist darauf folgend die lange ,.finstere" Zeit des Salzbergbaues bis zu seiner ersten geschichtlichen Nennung im 12. Jahrhundert, zumal das Salz als Le bens- und Konservierungsmittel tierischer und pflanzlicher Nahrung stets von Bedeu tung gewesen sein muß. Man kann wohl auch hier ein Datum erster geschichtlicher Nennung nicht mit dem tatsächlichen Ent stehungszeitpunkt gleichsetzen. Zunächst lagen die Pfännlein zum Soleversieden auf den Salzbergen selbst. Erst nachdem die Pfannen von unwirtlichen Hö henlagen ins Tal zogen, nicht zuletzt um die Fracht an die Salzstraße zu bringen, kann man von Soleleitungen sprechen. Bestimmend für die Salzerzeugung war und bleibt die Wärmeenergie, früher Holz, ab dem 19. Jahrhundert Kohle und heute elek trischer Strom. Bleiben wir beim Holz! Durch Jahrhunderte verbrannte man einen Festmeter Holz pro Tonne Salz. Dieser Rohstoff kam aus den Wäldern der Salzberge. Hätte man damals schon eine Forstwirtschaft mit Aufforstung und rationeller Bringung gekannt, wäre trotzdem der Brennstoff auf den Bergen ir gend einmai ausgegangen, vielleicht wenig später als zu Ende des 16. Jahrhunderts. Dazu kam auch die wirtschaftliche Notwen digkeit, mehr Salz zu erzeugen. Es war die Zeit der Türkenkriege. Krieg kostet Geld und Salz bringt Geld. Just in dieser Zeitenwende war unter den Bergleuten und Pfannhausern eine Handwerkskunst herangereift, die mit Tatkraft und fachlichem Können einen Aus weg bot, nämlich betriebssichere Holzlei tungen herzustellen. Die älteste „Pipeline" wird gebaut ,,Also befehle ich, führt die Soie dem Walde nach, wenn der Wald rar wird bei den Ber gen." So entschied Kaiser Rudolf II. Im Jahr 1596. Seine ,,Kaiserlichen" im Kammergut gingen rasch ans Werk. Der Wald, dem die Sole nachgeführt werden sollte, lag in Ebensee. Er schien uner schöpflich zu sein. So schlug die Geburts stunde von Ebensee als Salinenhauptort des Salzkammergutes. Die Markscheider mit ihren Vermessungs geräten steckten den Leitungsweg in gleichmäßigem Gefälle vom hohen Berg herab ins Tal aus, entlang den Felswänden, immer bedacht, möglichst geringe Bewe gung von Erd- und Steinmassen zu verursa chen. Sie zogen vom Hallstätter See über Hinlauf nach Golsern, am wilden Lauffen vorbei nach Ischl, dort wird hart an der Trasse viel später einmal das KaiserFranz-Josef-Jagdstandbild stehen. Von Ischl ging es weiterden Fuhrweg entlang der Traun bis Langwies und endlich nach Eben see. Es sind insgesamt 40 Kilometer! Die Forstleute wählten die Stämme aus, die für die Rohrherstellung geeignet waren, 13.000 Bäume mit gleichmäßigen Zopfstärken mußten es sein. Die Strennleute hatten längst lange Bohrer (Nager) in mehreren Kalibern zum Vor- und Nachnahmebohren vorbereitet. Sie hatten außerdem Flachho bel und Konusschneiden entwickelt, um die satten Steckverbindungen ,,Manndel in Weibel" aus den gebohrten Stämmen herauszufräsen. Aneinandergetrieben sitzen sie luft- und soledicht fest. So entstand die Leitung aus Holz, der Strenn, er sollte hun derte Jahre halten. Die letzten Holzrohre wurden weit nach dem letzten Weltkrieg ausgewechselt. Die Kraft jedoch, die Sole fließen zu lassen, ist ein Geschenk des Ber ges, das natürliche Gefälle ins Tal hinab. Im Jahr 1607 rann die erste Sole nach Eben see, die erste Rundpfanne dampfte und der Brandrauch zog durch die Dachfugen des Hauses ins Freie. Es schien, aus der Ferne gesehen, das große Sudhaus zu brennen, es gab ja noch keine Rauchzüge unter der Pfanne und noch keine Esse hoch über das Dach hinaus. Viele Entwicklungsstufen wa ren noch zu erfinden. Wo das Gosautal in das Hallstätter-SeeBecken ausmündet, wurde der Soleweg in seinem gleichmäßigen Verlauf unterbro chen. Die Rohre mußten tief hinab in den Bachgrund und von dort wieder steil auf wärts geführt werden, Im ,,Zwang" nannte man das. Der Soldedruck in diesem ,,Dükker" erforderte mit Eisenringen umschmie dete Rohre und Spannschlösser an ihren Verzapfungen. Der ,,Zwang" war bis 1775 eine Hauptsorge der,,Strennleute", die Be anspruchung des Rohrwerkes in diesem Teil war allzu groß. Kaiser Josef II. befahl schließlich den Bau der Gosauzwang-Brücke, um den Zwang endlich zu beseitigen. Die Brücke aus fünf bis zu 40 m hohen Pilastern mit Spannwei ten von 25 Metern und einem Tragwerk aus gehackten Baumstämmen wurde zum Wahrzeichen der Salzkammergut-Bau kunst, sie erhielt den Namen ,,Gosauzwang". Anregend für den heutigen Leser ist die Le gende um die schwierigste Frage des dama ligen Baugeschehens, ,,wie kam der erste Baum hinüber?", ist doch der Platz auf den Pfeilerköpfen gering und das Gewicht des über 25 Meter langen ,;Ensbaumes" groß. Eine Kommission der Hofkammer wurde entsandt, um dieses Problem zu lösen. Mei-

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