Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 3, 1980

Josef Furthner (1890—1971) ein Bildhauer der Zwischenkriegszeit Benno Ulm Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat der Sakralbau einen bedeutenden Auf schwung genommen; die Kirche hat sich dadurch wieder Ihren Platz In der Architek turgeschichte gesichert. Das Anliegen, Priester und Volk auch räumlich stärker zu verbinden, bestimmte außer neuartigen Baustoffen und Bautechniken auch neuar tige Archltekturgefüge. Moderne Kunst oder Stilgeschichten zählen die wichtigsten und bahnbrechenden Kirchen auf, ohne die tieferen Anliegen einer liturgischen Erneue rungsbewegung nur am Rande zu erwäh nen. Diese Vernachlässigung der christli chen Kunst - ausgehend von den Versu chen des Historismus Im 19. Jahrhundert - trifft besonders die figürlichen Künste. So kann der Eindruck entstehen, daß nach ei ner fruchtbaren Herrschaft der Kunst Im Dienst des Christentums diese seit ander thalb Jahrhunderten abgestorben wäre. Es Ist den Gründen für einen Niedergang nach zugehen, denn das Verschwelgen absin kender, ehemals blühender und hervorra gender Aufgaben der figürlichen Künste Ist unhistorisch. Mit der Aufklärung setzt die Säkularisierung ein. Die Romantik versucht an die schöpfe rische Tradition des Mittelalters anzuknüp fen, Ihre Bemühungen führen zu zwiespälti gen Ergebnissen. Blutleere Andachtsbilder oder subjektive Aussagen zu christlich-hi storischen Begebenhelten bilden den Groß teil der reichen Produktion In der Malerei. Die Bildhauerei Ist nicht Imstande, monu mentale christliche Kunst zu schaffen; diese Armut an plastischer Gesinnung hält bis In die Gegenwart an, denn der neue Kirchen bau bedarf der Bildhauerei nicht. Abstrakte Gebilde stehen In einem stärkeren Gegen satz zu den Anliegen einer christlichen Ge meinde als etwa Glasfenster oder Mosai ken, die durch Ihre Farbigkeit das Ornament ersetzen können. Aber auch sie stehen nicht In der jahrhundertealten Tradition der Kir che, die stets um das dogmatisch wahre Bild gerungen hat. Religiöse, christliche Kunst bezieht Ihren Stoff aus der Hellslehre, oft aus den Wun dern Christi und seiner Heiligen. Diese Bild welt wurde stets neu geschaffen. Im 20. Jahrhundert nehmen die undogmatischen, subjektiven Bekenntnisse zu. Künstler schaffen aus Ihren menschlichen Erlebnis sen heraus, die Werke konnten sich nie als Andachtsbilder durchsetzen. Ähnlich schei terten die Versuche der Mönche des Klo sters Beuren oder die Künstler des Ju gendstils. Gleichzeitig überschwemmte süßlicher Andachtskitsch den Markt. Er konnte vielleicht das Bedürfnis der Kinder und Einfältigen nach Anschaulichkeit be friedigen; deshalb hat er einen gewissen Stellenwert In der modernen Kultur. Gegen diese ,,Kunst" des Konventionellen, der Sentimentalität und des Trivialen wen det sich der Symbolismus, der an die Tradltionen anzuknüpfen versucht, aber viele Hervorbringungen arten wieder In Kitsch aus. Im Geschichtsbegriff der Symbolisten verwirklicht sich die Vergangenheit als Ge genwart mit dem Blick In die Zukunft, auf die Endzelt des christlichen Weltbildes. Im Klassizismus, der Kunstübung um 1800, bricht auch die große schöpferische Tradi tion des Altarbaues ab. Damit verliert die Bildhauerei Ihre vornehmste Aufgabe und Ihren Standort In der christlichen Kunst. Alle Bemühungen, Im Biedermeier und Im Histo rismus bedeutende Werke Im Zusammen hang mit dem Gesamtkunstwerk, dem Altar, hervorzubringen, mußten scheltern. Die Werke der besten Künstler dieser Zelt gal ten anderen Aufgaben, dem Denkmal - auch dem Grabdenkmal -oder der Architek tur als Bauplastik. Dazu kam die andere Entwicklung: Die religiöse Plastik hatte sich den historischen Stilen verschrieben, deren Ideal die mittelalterliche Gewandfigur be deutete. Für den Akt, besonders den weibli chen, bot sich selten ein Formanlaß. Der Gekreuzigte folgte konsequent den histori schen Vorbildern. Die großen Künstler gin gen nicht aus den Schnitzwerkstätten oder Bildhauerateliers hervor, sie waren Außen seiter, die das humanistische Bildungsideal vertraten und daher dem Christlichen fremd gegenüberstanden. Die Plastik, hauptsäch lich Holzschnitzerei, verdorrte oder hatte von sich aus keine Entfaltungsmöglichkeit. Ihre Arbelt lag Im Handwerklichen begrün det, Ihre Auftraggeber verlangten die von Ih nen aufgestellten engen Wertmaßstäbe. Es wäre aber falsch, dieses ernst zu nehmende Handwerk, das eine wohlfeile Kunst für jei Petrinum Linz, ehemaliger Maxim Iiiansaltar Lachender Putte, (1927-1931), Diakon Ausschnitt Putte mit Krebs, Stift Reichersberg, Ausschnitt 77

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