Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 3, 1980

sis vor. Die Substruktionsbögen im Erdge schoß sind aus plattigem Bruchsteinmauer werk errichtet, das Gewölbe und Gesimse aus Ziegeln; beides Materialien, wie sie in der unmittelbaren Nähe der Burg gebrochen bzw. hergestellt wurden«. An der Stirnseite des Arkadenganges, ge rade über dem gewölbten Treppenlauf, ist eine rotbraune ,,Marmor"tafei in den durch wegs geglätteten Putz eingelassen mit fol gender Bau Inschrift: MEM ET POST SAGR GEORG: CHRIST A SHALNBERG IN LVFTN BERG BIBRSTAIN LEONBAGH ET SGHA LNBRG GONVX EVA DE HOHNEK IN HAGN BERG ET DORF HIG AGR GOLLA: MDGXX SDVEI Hochdeutsch und ausgeschrieben: Zum Andenken und zur Würdigung durch die Nachwelt Georg Christoph zu Schallenberg, in Luftenberg, Piberstein, Leombach und Schallenberg vermählt mit Eva von Hohe negg in Hagenberg und Dorff (a. d. Enns). Haben hier den Aufgang errichten lassen: 1620^ Wir kennen somit Bauherrschaft und Bau datum. Georg Christoph von Schalienberg gehörte bereits der fünfzehnten in Oberösterreich urkundlich nachweisbaren Generation sei ner Familie an«. Vom ehemaligen Stamm sitz zu St. Ulrich bei Niederwaldkirchen durch die Hussiten vertrieben, hatten die Schailenberger1428 Piberstein von Herzog Albrecht von Österreich zu Lehen erhalten. Die Burg blieb lange Zeit Hauptsitz der Fa milie und noch der Vater Georg Christophs, der bekannte Dichter Christoph von Schal lenberg, wurde auf der Burg geboren«. Bei der Erbteilung von 1614 erhielt der älteste von vier Brüdern, Wolf Christoph, den alten Familiensitz, verkaufte ihn aber, nachdem er nach Schloß Rosenau im Waldviertel ge heiratet hatte, im Jahr 1619 seinem zu Luf tenberg und Leombach ansässigen Bruder Georg Christoph. Sofort muß dieser mit dem Umbau der Burg, vor allem mit der Errich tung des Arkadenganges, begonnen haben, wie die Inschrifttafel aussagt. Die stark verschuldete Herrschaft Piber stein mit der als ,,kleber" (schlecht) be zeichneten Burg stellte eine große wirt schaftliche Belastung für den Käufer und Bauherrn dar^«. Trotzdem baute der ver dienstvolle protestantische Landrat und Verordnete des oberösterreichischen Rit terstandes im zweiten Kriegsjahr des ,,Böhmischen Krieges". Der oberösterrei chische Adelsaufstand vom Vorjahr war be reits im Zusammenbrechen und Georg Christoph hatte ebenfalls am 28. August 1620 das Interlmsgelübde auf den bayeri schen Kurfürsten Maximilian und dessen Statthalter Graf Herberstorff im Linzer Schloß ablegen müssen. Die Zeiten waren also unruhig und die Bauern achteten sehr auf die Wahrung ihrer Rechte und Pflichten durch die Grundherrschaft. ,,. . . ein greiliger Sturmb Windt und Wötter ge wesen in Mitternacht. . ., und ein solcher Hagel gewesen, das das ganze Hausz kracht und dasz ganze Dach vom neuen Stock der Windt zum Mayerhoff hinaus übers Schiosz weckgeführt hat." Georg Christoph von Schallenberg im Schalienberger Stammbuch von 1650 über einen Sturm schaden auf Piberstein um den 20. November 1580. Trotzdem scheint der neue religiöse und ge sellschaftliche Aufbruch Auftraggeber, Künstler und Handwerker angespornt zu haben. Mit dem zeittypischen Arkadengang erhielt das alte Burggemäuer einen feingliedrigen und kunstvollen Aufputz und etwas südländischer Glanz wurde in den rauhen Nordwald verpflanzt. Die Schauseite des in Ausmaßen wie Ausführung eher schlichten Arkadenganges über den neun Segmentbogen bis zum Traufgesimse und die Brüstung sind mit derfür uns so beachtli chen, reichen Sgraffitodekoration versehen. Wie die Untersuchung ergab, handelt es sich fast durchgehend um Zeichnungen in Kratztechnik in einschichtigem Putz, das heißt, daß die Erbauungszeit der Arkaden und die Entstehungszeit der Dekoration zu sammenfallen. Die somit genau datierbaren Sgraffiti wurden virtuos in der klassischen italienischen Manier, wie sie uns Giorgio Vasari im Kapitel 26 seiner Indroduktionii beschreibt, ausgeführt. Darnach wurde der feuchte Putz auf Piberstein aus scharfkanti gem, rötlichem, in der Nähe der Baustelle beheimatetem Sand, vermengt mit winzigen Kohierestchen hergestellt, als fresco mit ei ner Kalkkaseinschlämme überzogen und daraus sofort die Zeichnung ausgekratzt. Eine nachträgliche, differenziertere Einfärbung einzelner Felder mit Wasserfarben, wie sie manchmal anzutreffen ist, konnte nicht nachgewiesen werden^«. In dieser Kratzputztechnik wurde nun ein sehr hübsches Programm ausgeführt: das einfache Brüstungsmauerwerk wurde durch eine Ballusterdekoration aufgewertet, die glatten Piiaster täuschen eine Diamantquaderung vor. Das zweifach vorspringende Traufgesimse wurde durch drei Bänderun gen mit Schratten stark verlebendigt und überdies durch ein darunter angeordnetes Band dicht aneinandergereihter Kreisseg mente überbetont. Alles in sauberer hand werklicher Arbeit ausgeführt. Die sieben ganzen und die vier halben Bogenzwickel wurden unzweifelhaft von einem Künstler rasch, schwungvoll und gekonnt ausge schmückt. Eingebettet in vielfältige Ranken, haben sich die Bilder einer trauernden Mas ke, eines Löwenhauptes, Kranichs, zweier Helmtrophäen und eines Doppeladlers er halten. Verlorengegangen waren bereits vor der Jahrhundertwende^« eines der Bildfelder sowie zahlreiche Stellen im Bereich des Ge simses, das teilweise vom schadhaften Dachstuhl abgedrückt worden war. Vermut lich durch die unterschiedliche Fundierung, nur ein Ende des Arkadenganges sitzt sicht bar auf gewachsenem Fels auf, war es im Laufe der Jahre zu schweren Setzungsris sen quer durch Mauerwerk und Putz ge kommen'". Der Westteil des Ganges war insgesamt um über einen halben Meter ge gen den in den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts eingestürzten Schloßtrakt hin ausgewichen. Die Arkadensäulen zeigten eine bedenkliche Neigung, und zwei Gewöl befelder hatten bereits ihre Spannung verlo ren und waren eingestürzt. Durch Abwitterung war überdies der gesamte Ballusterdekor unkenntlich geworden. Nachdem, beginnend mit dem Jahr 1964, erste Schritte zur Rettung der schwer ge fährdeten Ruine Piberstein eingeleitet, das Interesse der Öffentlichkeit geweckt und ab 1975 etliche kulturelle Veranstaltungen ab gehalten waren, wurde die Sanierung des wertvollen Arkadenganges 1978 in Angriff genommen'«. Nach längerer Prüfung fiel der Entschluß, den Arkadengang in loco zu fixieren. Da durch konnte die Öriginalität der Bauiichkeit und Bausubstanz am besten gewahrt wer den. Die Neigung der Steinsäulen, eine op tische Erinnerung an den drohenden Ein sturz, wurde in Kauf genommen, im anderen Falle hätte alles Mauerwerk abgetragen, die Säulen neu ausgerichtet und die Gewölbe neu errichtet werden müssen. Die Sgraffiti hätten dabei sämtlich abgenommen und darnach wieder appliziert werden müssen. Die Fixierung der Bausubstanz in der durch den Verfall veränderten Lage brachte die Chance, möglichst viel, auch der einfache ren Sgraffitodekoration, an ört und Stelle belassen zu können. Nach der vollkommenen Elnschalung und damit Aussteifung der Arkaden, dem Ab räumen der Gewölbeoberseiten, der Neu einwölbung der beiden fehlenden Felder und der Reparatur des Dachstuhles wurden über dem Gewölbe und auf dem Fußboden 56

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