Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 3, 1980

Seite 44: Das „Strindberg-Haus" In Mondsee. Aufnahme: Franz Gang! wesen, das, früher von den Dorfarmen be wohnt, für sie hergerichtet worden war, auf diese Wochen, von denen Frida Strindberg in ihrem Buch schreibt, daß August Strind berg in ihnen .,zum ersten Male ungehemmt er selbst" gewesen sei, folgen nun viel we niger glückliche in Paris. Im Oktober 1894 muß die Frau nach Dornach zurück, weil Kerstin ernsthaft erkrankt ist. Es hatte bis dahin zwischen den Gatten genauso wie zu Anfang ihrer Ehe in London nur Streit und Zank gegeben. Mit einem Kuß auf dem Bou levard Haussmann trennten sie sich und - sahen einander nie wieder. Noch im selben Jahr wurde die Ehe der bei den in Grein durch den Richter Dr. Pauly geschieden. Frida Strindberg, geborene Uhl, scheint aber, so wie Lou Andreas-Salome, von den Dichtern nicht ablassen zu können. Aus ei ner späteren Verbindung mit Frank Wede kind stammt ein Sohn Fritz, der seine Ju gend zum Teil in Dornach verlebt hat. Inso fern ging es ihr immer um leibliche Kinder. Lou Andreas-Salome schenkte nur geisti gen das Leben. Sie hielt entschieden ein, was in ihrer Lebensgeschichte zu lesen ist: daß sie wohl gemeinsame Arbeitszimmer mit ihren Freunden gehabt hat, niemals aber ein gemeinsames Schlafzimmer. Nichts destoweniger ist das Erlebnisbuch ,,Lieb, Leid und Zeit" von Frida Strindberg-Uhl ein außergewöhnliches Buch, mehr als eine große Talentprobe. Es ist 1936 bei H. Goverts Verlag, Hamburg, erschienen. Knut Hamsun hat über die zuerst erschienene schwedische Übersetzung geschrieben: ,,lch habe das Buch gelesen, Tag und Nacht in einem Zug; wahrhaftig ein Buch ohne Pausen. Strindberg kannten wir schon eini germaßen, aber seine Frau ist eine Überra schung. Ihre Persönlichkeit wächst in die sem Buch zu einer nicht geringen Größe. Sie hat ihrer Ehe mit diesem Werk ein Monu ment gesetzt." August Strindberg ist noch einmal in den Strudengau gekommen. War es die Sehn sucht nach Kerstin, die ihn verlockte, oder wieder einmal seine schlechte finanzielle Lage, die ihn dazu zwang? An Freund Birger Mörner schreibt er: ,,lch kann Paris nicht verlassen - ich besitze nur eine Hose mit einem Loch auf dem Knie, das ich die ganze Zeit mit dem Hut bedecken mußte, als ich in der Gesandtschaft war." Über Ystad in Schweden, Paris und wie derum Ystad, von wo er flieht, weil er sich einbildet, daß man ihm nach dem Leben trachte, kehrt er nach Dornach zurück und wohnt zunächst im Haus von Dr. Reichl in Saxen, wo auch Kerstin untergebracht ist. Frau Frida sieht er während dieses seines letzten Aufenthaltes im Strudengau kein einzigesmal. Das war vom September bis Dezember 1896. In einem seiner Briefe aus dieser Zeit heißt es: ,,Meine Eindrücke von Österreich? Ja-a, aber ich fühle mich hier mehr zu Hause als in Schweden, und mir ist, als sei ich hier geboren: denn hier habe ich Bäume gepflanzt und hier ein Kind gebären lassen. Außerdem streicht hier an der Do nau alles mögliche Gesindel herum, so daß ich mich in meiner Rolle als Landstreicher sehr wohl fühle." Mit Großmutter Reischl war er aber nie gut ausgekommen, und endlich gerieten die beiden auch aneinander. Die Frau weist ihn aus dem Haus in Saxen. Tante Marie aber, die Zwillingsschwester von Frau Melanie ühl, mit Professor Hofrat Hanwolf, einem bekannten Bildhauer, verheiratet, bringt ihn nun im Hause des Schneidermeisters Grillenberger in Klam unter. Das war natürlich ein Kunststück. Allgemein bezeichnete man ihn als den ,,Narrischen von Dornach". So manches ümgereimte war über ihn in die Öffentlichkeit gelangt, und daher konnte es gar nicht anders sein, als daß man ihn nicht ganz für voll nahm. Er befaßte sich damals auch mit der Gewin nung von Gold in Retorten nach Art der frü heren Alchimisten. Über Goldgewinnung durch chemischen Prozeß hat er im Verlag Hiebl in Grein eine kleine Schrift herausge geben. Der seinerzeitige Leiter der Kultur abteilung des Amtes der Salzburger Lan desregierung, Dr. Gustav Pichler, der 1950 während seines Urlaubs im Strindberg-Archivder Königlichen Bibliothek in Stockholm über Leben und Werk des Dichters studier te, fand dabei die bis dahin verschollene Schrift wieder auf. Sie führt den Titel ,,Gold-Synthese", Strindberg ließ sie auf eigene Kosten drucken. Dr. Pichler hat aus ihrdie Experimente des Dichters, überdieer ,,Das Häusel" in Dornach bei Grein an der Donau, Photographie, 1894 von Strindberg mit seinem selbstgebauten Apparat aufgenom men. Aufnahme aus dem autobiographischen Buch von Frida Uhi-Strindberg: Lieb Leid und Zeit 45

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