Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 4, 1978

Theaterzettel eines ,,Wohltätigkeits-Abends" Im Stadttheater Braunau am Inn im Jahre (?). Foto: W. Baier Sämtliche Aufnahmen stellte Frau Helene Rosenberg, Braunau am Inn, aus Ihrem Famillenbesitz in dankenswerter Weise zur Verfügung. den ersten Jahren nach dem Weltkrieg nahm die Spieitätlgkeit stark zu, 1919 gab es sicher mehr als 100 Spieltage, gestaltet von etwa 15 verschiedenen Veranstaltern, darunter auch die Braunauer Dilettanten. In der weiteren Folge nahm die Aktivität ab, bis durch die Einrichtung eines stehenden En sembles im Stadttheater Braunau ein neuer Höhepunkt erreicht wurde. Das Stadttheater Braunau als Berufstheater Dafür, daß Braunau jemals ein stehendes Theaterensemble bekam, ist sicher die Tat sache maßgebend, daß die Stadt als Ge burtsort Hitlers nach den Märztagen 1938 eine besondere Bedeutung bekam. Daß sich dieses Theater bis 1953 halten konnte, beweist aber, daß Braunau doch auch sei ner Lage nach, weit ab von allen anderen Berufsbühnen, eines Theaters bedurfte. Daß nach 1953 kein derartiger Theater betrieb mehr möglich war, ist wohl auch dem Umstand zuzuschreiben, daß mit dem Aus bau der Verkehrswege und mit der zuneh menden Motorisierung die Entfernungen praktisch kleiner wurden. Am 30. September 1939 wurde das Stadt theater Braunau als Landesbühne eröffnet. Als Eröffnungsvorstellung hatte Intendant Heinrich Schmidt-Seeger Leasings ,,Minna von Barnhelm" angesetzt. Das Stadttheater bespielte nicht nur das Braunauer Theater, sondern unternahm Abstecher und sah eine Hauptaufgabe während des Krieges auch in der Truppenbetreuung. In der Spielplan gestaltung mußte dieser Umstand entspre chend berücksichtigt werden. So standen im Spielplan für 1941/42 vier klassischen Schauspielen (darunter ,,Faust", ,,Des Meeres und der Liebe Wellen") sechs mo derne Schaupiele und zwei klassischen Lustspielen 12 moderne Lustspiele gegen über (darunter ,,3 Eisbären" von Vitus), da neben gab es noch 11 Operetten (,,Land des Lächeins", ,,Dubarry", ,,Brillanten aus Wien") und zwei Märchen. Das Kriegsende brachte eine Unterbrechung des Spiel betriebes, aber schon 1945/46 wurde unter Direktor C. P. Glethofer wieder gespielt. Das Theater gastierte regelmäßig in Bad Hall, Badgastein, Bad Hofgastein, Bad Ischl, Ebensee, Mondsee, Ried, Schärding, Grieskirchen und Lambach. Daneben gab es noch einmalige Gastspiele in vielen an deren Orten. Nur so konnte das Theater exi stieren, denn das Einzugsgebiet um Braun au war zu klein, der Zuschauerraum des Theaters faßte nur 330 Personen, und Braunau war außerdem in dieser Nach kriegszeit nur schwer zu erreichen. Im Spielplan fanden sich 12 Operetten, darun ter ,,Zigeunerbaron", ,,Fledermaus", ,,Lu stige Witwe", ,,Bettelstudent", ,,Vogeihändler", daneben aber auch so anspruchsvolle Schauspiele wie Lessings ,, Nathan der Weise", Schillers,,Kabale und Liebe",,,Ma ria Stuart" und Shakespeares ,,Hamlet", ,,Peer Gynt" von Ibsen und ,,Liliom" von Molnär. Trotz aller Bemühungen konnte sich aber das Theater nicht halten und mußte schließen. Von 1951 bis 1953 startete Direk tor Ludwig Drexler einen neuen Versuch, der auch zuerst erfolgreich verlief. Er ver zichtete auf Operetten. Unter den 29 (!) Premieren der ersten Saison fallen beson ders ins Auge Raimunds ,,Verschwender", Lessings ,,Nathan der Weise",,, Armut" von Wildgans,,,Liebelei" von Schnitzier und von Goethe neben den ,,Geschwistern" auch ,,Faust". Gastspielorte waren Salzburg, Gmunden, Attnang, Ried, Schärding, Woifsegg, Friedburg-Lengau, Obern berg/Inn, St. Johann/Pongau, Feldkirch, Simbach, Pfarrkirchen, Pöcking, Mühidorf und Burghausen. Trotz aller Anstrengungen und eines hohen künstlerischen Niveaus bedeutete aber die Jubiläumsspielzeit 1952/53 (100 Jahre Stadttheater Braunau) auch das Ende des Berufstheaters in Brau nau. Direktor Drexier verweist mit berechtig tem Stolz darauf, daß er der einzige Direktor war, der die Bühne durch zwei Spielzeiten hindurch leitete und die Stadt ohne Schul den verlassen konnte. Carl Hans Watzinger versuchte, im ,,Tag blatt" vom 14. Februar 1953 das Grenzland theater Braunau durch Vorschläge zu retten und bezeichnete das Braunauer Stadtthea ter als Bühne, die hohen künstlerischen An sprüchen genüge. Er meinte, daß das Stadt theater Braunau als oberösterreichische Länderbühne alle größeren Orte Oberöster reichs bespielen sollte, ,,denn Direktor Drexler bringt wohl alle Fähigkeiten mit, eine solche oberösterreichische Länderbühne zu führen". Leider sollte es nicht dazu kom men. Nach Drexler versuchte sich noch kurz Hannes Faßl als Theaterleiter in Braunau, mußte aber schon nach wenigen Monaten wieder schließen. Das Stadttheater Braunau seit 1953 Bei aller Freude über die künstlerische Höhe des Berufstheaters in Braunau muß man sich doch vor Augen halten, daß gerade durch die Errichtung eines Berufstheaters die Aktivität des Theater-Vereines und da mit die durch viele Jahrzehnte bewährte Form der Theaterverwaltung zerstört wor den war. Es hat zwar noch nach 1953 Aktivi täten gegeben, besonders beachtenswert durch das Zusammenwirken von Berufs künstlern und Amateuren. Hervorgehoben sei die Aufführung von Webers,, Freischütz" am 9., 10., 11., 13. und 14. August 1960 an läßlich der 700-Jahr-Feier der Stadt Braun au. Unter der Leitung von Wilhelm Sommer spielte damals ein Amateurorchester der Musikfreunde Braunau-Simbach, sangen die Liedertafel Braunau (Einstudierung Dr. Rudolf Schmidt) und der Männergesangs verein Ranshofen (Einstudierung Hans Kimbacher). Auch unter den Solisten gab es Amateure, so sang Hans Kimbacher die an spruchsvolle Partie des Ottokar. Allen die sen Aufführungen fehlte aber die durch eine entsprechende Organisation gesicherte Kontinuität. Darum war ihnen keine Dauer beschieden. Es bleibt zu hoffen, daß es in Braunau ge lingt, für das renovierte Theater, den Stadtsaai, eine Form des Managements zu fin den, die sich an der erfolgreichen Verwal tung durch den Theaterverein orientiert und damit neben künstlerischer Qualität auch die so wertvolle Eigeninitiative der Braun auer Bevölkerung gewährleistet. Anmerkungen: 1 Vgl. dazu: Eltzimayr, Max: Das alte Kapuzi ner-Klosterin Braunau, in: Braunauer Stadtnach richten, Nr. 5, Juni 1977, Seite 33-35. 2 Zöpfi, Heimut: Das Nichtprofessioneiie Thea ter in Oberösterreich, phii. Diss. Wien 1976, Seite 439-^45. 3 ,,Neue Warte am inn", Jg. 1896, Nr. 44, vom 30. Oktober. 4 Die Hofratsgattin Rosaiie Krepper hatte einen vergoideten Luster und vier Armleuchter für den Zuschauerraum gespendet.

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