Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 4, 1977

Landeskunde Pfarrer Johann Veiohtlbauer und das Rieder Voikskundehaus Josef Mader Wenn sich im heurigen Advent das Rieder Volkskundehaus nach gründlicher Neugestal tung' den Besuchern wieder öffnet, wird ein Name viel genannt werden; Johann Veiohtlbauer, den man einst den ,,Heimatpfarrer" nannte. Er wurde am 19. Ok tober 1867 in Trimmelkam geboren und ist am 12. April 1939 in Ried gestorben. Dazwi schen liegt das einzigartige Lebenswerk eines Mannes, dem nichts Heroisches anhaftet, der nur beharrlich war in den Zielsetzungen seiner ganz persönlichen Eigenart. ,,Llber Johan, mir ists ja leid, das es dir in der Mathematik so schlecht geht und ich bite auch den Herrn Gruber, das er mit dir hinget und fir dich spreche ich werde ihn dafir ein Stückiein Schmalz schiken viieicht nechstesmal, wen ich komen so! so schreib es mir..." Unter den zahllosen Zeitungsausschnit ten, Briefen und Zetteln, die Johann Veiohtlbauer später sorgsam zusammen gelegt hat, finden sich zuunterst die Briefe seiner Mutter — sparsame Mittei lungen auf flüchtig zurechtgeschnittenen Zettein, meist aus abgelegten Schulhef ten stammend. Eine Rückseite zeigt noch den Schluß einer Lateinschuiarbeit mit der schwungvollen Note ,,lobenswert". Latein Ist dem Johann also leichter gefal len, aber auch die dornige Mathematik ist wieder ins Lot geraten: die Libe Muter Gottes hat schon geholfen weil du so gliglich durch gekommen bist, was meine gröste Freide ist..." lautet es in einem späteren Schreiben der Mutter. Sonst ist nichts mehr zu finden aus die ser recht ärmlichen Zeit des Buben, der in Salzburg das Gymnasium besuchte, bei entfernten Verwandten wohnte und auf verschiedenen Kostpiätzen zu essen bekam, mitunter aber auch selber Eier oder Zwetschken austeilen konnte, die ihm die Mutter in die Wäsche schob. In den spärlichen Unterlagen findet sich ne ben dem Geburtsdatum gleich die Prie sterweihe vermerkt, die am 30. Juli 1890 in Linz stattfand. - Der Werdegang ar mer Häusierstudenten im Weg über geist liche Gönner war wohl immer derselbe. Über seine erste Tätigkeit als Kaplan in Traunkirchen (bis 1898), Schwertberg (bis 1901) und als Hllfsgeistllcher und Provi sor in Frauenstein berichtet bereits ein winziges Notizbüchlein mit noch viel win zigeren Eintragungen in einer wunder lichen Mischung von Kurrentschrift und Gabelsberger Stenographie. Durchaus keine aufregenden Dinge, soweit sie zu entziffern sind — daß er einem bei der Heumahd geholfen hat zum Beispiel, oder daß ein andermal die Sonnenhitze sogar die Kerze in der Versehlaterne hat schmelzen lassen. — Da und dort aber wird schon ein recht waches Sammierauge spürbar. Das Interesse gehört of fensichtlich zuerst den Kirchenkrippen, die er hingebungsvoll mit Bäumen und Tieren und immer neuen Krippenbergen erweitert, später im Frauensteiner Pfarr haus einem sogenannten ,,Hirschenzim mer", dessen Ausstattung mit Krickeln und Geweihen er seitenweise Eintragun gen und einen beträchtlichen Teil seines Lohnes widmet. In Frauenstein — hat er später in Ried Max Bauböck erzählt — habe sich auch die Liebe zu den Altertümern entzündet, dort wäre in einem Paramentenkasten eine liebliche Schutzmantel-Muttergottes verräumt gewesen, die ihn bis ins tiefste bewegt habe. — Es ist wohl zu einem guten Teil Veiohtlbauer zu verdanken, daß das Inzwischen berühmt gewordene, Gregor Erhart zugeschriebene Schnitz werk erhalten geblieben ist. in der Rückschau des Aiters verklären und vereinfachen sich frühe Vorgänge freiiich, die eigentlichen Wurzeln seiner Sammeifreude iiegen sicheriich tiefer. Veiohtlbauer hat es In einer seiner ganz wenigen publizierten Niederschriften auch anders ausgedrückt: ,,Gesteckt ist in mir diese Freude am Schönen, dieser Kunstsinn, wie ich nun erst erkannte, schon in meiner Kindheit und Jugend. Wenn ich in den bemalten Kasten meiner Mutter schauen durfte mit dem verzinkten Schloß und den vier Bil dern an den Deckeln, die die Jungfrau Maria am Betschemel und den Erzengel Gabriel, Isidor und Notburga darstellten, war das eine Freude!... oben am Auf satz standen kleine Figuren aus Holz, Altöttinger oder Mariazeller Frauen, ge blümte SchnapsglasI, allerhand Büchserl und Kasterl, bemalte Holzlöffel, Gebetbüchl im Futteral, Rosenkränze und Wallfahrtsmedalllen und viel anderes ... Das waren die ersten Kunsteindrücke für meine kindliche Phantasie." Veichtlbauers Herzenswunsch, in seiner engsten Heimat zu wirken, erfülite sich, als er 1909 zum Pfarrer in St. Pantaieon besteht wurde, einer einst vieibesuchten Wallfahrt zum hl. Pantaleon, dessen selt sames Martyrium darin bestand, daß man ihm beide Hände auf den Kopf nagelte. Dort begann er nun aufzusammeln, was ihm nur irgendwie bemerkenswert er schien, getrieben von der Sorge um die Gegenstände der Volkskunst und des Volksbrauches. Sie waren in jenen Zeiten gering geachtet, wurden oft achtlos weg geworfen oder an Händler verschachert. Die liberai-unterkühite Überheblichkeit vergangener Jahrzehnte hatte ihre Früchte getragen. Man teilte über weite Strecken die Ansicht, die einst Ludwig Steub über Hintergiasbilder geäußert hat: ,,Ein gebildeter Curat, der nur einmal den Apoll vom Belvedere gesehen hätte, der sollte seine ganze Energie daransetzen, um diese scheußlichen Popanzen zer schmettern zu lassen!" Spätestens hier wird das große Verdienst Pfarrer Veichtlbauers voll verständlich. Er hat den enormen Kulturwert dieser Dinge zu einer Zeit erkannt, als sich auch Mu seen noch von diesem ,,Abfall der Ver gangenheit" abwandten. Der Pfarrer machte sich eine Ehre dar aus, nicht darum zu betteln, sondern kor rekt zu bezahlen. Freilich bekam er auch manches geschenkt, weitaus das meiste aber hat er - zunehmend mitleidig be lächelt oder überhaupt für verrückt an gesehen — gekauft, und wenn es nur ein paar Kreuzer für eine Handvoll Andachts bilder waren. Schon 1910 begann er fein säuberlich in einem Buch zu katalogisieren, das er ziel sicher mit ,,Pfarrer Johann Veichtlbauers Heimatmuseum St. Pantaieon" beschrif tete. Als Nummer 1 findet sich vermerkt: ,,Ein bemaltes Glas, stammt von meinem ürgroßvater Michael Veichtlbauer, gew. Bauer in Trimmelkam, 1792". Für das nächste Stück, ein Glaskrügei, zahlte er bereits eine Krone, sein Vetter bekam

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