Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 3, 1977

Der Künstler bei Erklärung seiner Bilder im Atelier. fmi mfjjsLM ffj^ Beeilte Seite; Zwei Collagen — jeder gewotinte Gegenstand wird entfremdet, in die Dreldimensionalität übersetzt. beitete hart in der VÖEST, wo er sich auch vorher in den Ferien bereits Geld verdient hatte, am Hochofen, im Stahl werk, als Nachtwächter auch, dann wie der als Tapezierer und Schriftenmaler bei Messen. Es war gewiß eine schwere, oft qualvolle Zeit, aber es war sein Le bensstudium. Er las viel, beschäftigte sich mit Philosophie, von den Griechen angefangen, und beobachtete die Men schen, die gesamte Umweit, erschrak über die Gewöhnung an Banalitäten und mußte schließlich für sich diesen Teu felskreis sprengen, mußte heraus aus der hektischen ünpersöniichkeit. Er suchte die Konfrontation mit dem ich und fand Beruhigung in der Natur, deren Stille für ihn Substanz besitzt, immer wieder neu und anders ist. Er baute sich ein Heim auf, praktisch aus dem Nichts, unter stützt von seiner verständnisvollen Gat tin, pflanzte an die 8000 Bäume, mähte, fischte - und restaurierte, vor allem Bauernmöbel, auch Piastiken; das sind die äußeren Merkmaie der ersten Jahre seines neuen Lebens. Hier konnten aber auch seine philoso phischen Erkenntnisse zu einem fest gefügten Weltbild zusammenwachsen und zur bildnerischen Aussage heran reifen. Er bezeichnet sich selbst als Pessimisten und einer seiner wesentlich sten übernommenen Lehrsätze lautet, daß nichts Bestand hat, daß alles sich ständig wandelt. Seine Naturbeobachtun gen bestärken diese Erkenntnis, daß alles ständig in Fluß sei. Dabei ist er davon überzeugt, daß dieser ständige Wandel einen kontinuierlichen Abiauf darstellt, im Leben wie in der Kunst, und so betrachtet er auch die Stiirichtungen als Fundament, auf dem er aufbauen kann, von dem er ausgehen muß; aber eben nur ausgehen, denn wichtig für ihn ist das, was sein wird, nicht das Ver gangene, nicht das Gegenwärtige. Und da man wohl viel weiß, im Grunde aber, was auch die Wissenschaft beweist, nichts weiß, muß alles wirklich Erschei nende relativiert werden. Gegenstände, mit denen man dauernd umgeht, signali sieren uns einen Glauben an das Wirk liche, doch schon das Mikroskop läßt diese Wirklichkeit zerfallen, wir erkennen den Gegenstand nicht wieder und so sagt sich Wimmer: „Das, was ich sehe, ist für mich unwirklich, wirklich ist das, was ich nicht sehe." Genauso ergeht es ihm mit der Gestalt, mit dem Gesicht, alles ist dauernd ein zufälliges Zusam menspiel von Molekülen. Dieses Zusam menspiel verschiedener Faktoren ist auch das Wichtigste in der Malerei. Damit stehen wir dann auch mitten in seinen Collagen. Er nimmt die Dinge des täglichen Lebens, die uns so festgefügt erscheinen. Um aber die Wandelbarkeit aufzuzeigen, selbstgewählte Götter zu entthronen, verfremdet er diese Dinge, indem er nur Ausschnitte zeigt, mit Krei sen überarbeitet, und so neue Aspekte schafft; zudem nimmt er die Dreidimensionalität, faktisch oder vorgetäuscht, zu Hilfe, die zusätzlich aus der sogenann ten Wirklichkeit hinausführt. Daher findet sich auf fast allen seinen Bildern das Würfelgitter, das nach der Entfremdung durch den Kreis zusätzlich Raum und Abstand schaffen soll. Man könnte als Betrachter und zudem als Kenner seiner Psyche auch zu der Ansicht kommen, daß diese Gitter, wohl unbewußt, die be obachtende Distanz zur Umwelt oder eine gewisse Abschirmung vor Stören dem darstellen, denn der Zweifel an allem, die Suche nach der Metaphysik steht hinter jedem Bild. Seine Arbeiten sind nicht meßbar an den Werken anderer Künstler, weil sie schon von ihrer inneren Substanz her völlig eigenständig erarbeitet, weil sie Ausdruck einer systematisch gewachse nen philosophischen Überzeugung und nicht Experiment, nicht Spiel mit Bau steinen sind. Sie sind Psychographien eines ewig fragenden, suchenden Men schen. Diese Collagen sind jedoch nur die eine Seite seiner freien künstlerischen Be tätigung; die andere wird geprägt von der Abstraktion der Landschaft. Beide Bildwelten scheinen diametral gegen einander zu stehen und gehen doch im Grunde von den gleichen Gedanken gängen aus. Der flüchtige Betrachter kann vielleicht in diesen dekorativ wirkenden, kreissegment- oder wellenförmigen, stark far bigen Bändern keine Landschaften er-

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