Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 3, 1977

Kunst der Gegenwart Josef Wimmer — Avantgardist und Restaurator aus dem Mühiviertei Hertha Schober „Der Sinn des Lebens ist für mich die Suche nach dem Sinn des Lebens." Das ist einer der markantesten Leit gedanken eines Mannes, der nach seinen eigenen Worten wahrscheinlich ein recht behagliches und zufriedenes Leben eines Handwerkers und Landhausbesitzers in einer schönen Gegend führen könnte, wenn nicht der Fluch des Malens, der Fluch des ewigen Forschens und Grü belns auf Ihm lasten würde. Er malt zu weilen mit echtem Haß und dennoch treibt es ihn immer wieder zur bildneri schen Aussage und dieser Haß findet in seinen Bildern dann doch keinen Platz, eher ein Ausdruck der Angst, einer nicht genau definierbaren Drangst des Men schengeschlechtes allgemein, die latent vorhanden Ist, aber selten eingestanden wird. Das ist der Maler Josef Wimmer, ein äußerst feinfühliger, zwiespältiger und doch zielbewußt künstlerisch schöpferi scher Mensch. Er ist ein Einzelgänger, aber keineswegs weltfremd, wenn er auch In der tiefsten Abgeschiedenheit des Mühlviertels, in einem einsamen, umge bauten Kleinbauernhaus lebt. Er liebt die Natur in ihrer Größe und in ihren klein sten Äußerungen, wenn er auch in sei nen freien Malerelen die natürlichen Ge gebenhelten vielfältig entfremdet wieder gibt. Er Ist ein hervorragender Restau rator, stellt auf seine eigene Weise Ko pien von Plastiken her, die vom bloßen Ansehen nicht vom Original zu unter scheiden sind, aber nicht um mit Fäl schungen sein Geschäft zu machen, son dern um die herrlichen Meisterwerke ver gangener Epochen einem weiteren Per sonenkreis bekannt machen zu können, sie nicht nur in Museen bewundern zu müssen; und er geht an seine ureigen sten Bildschöpfungen mit viel grübleri scher Philosophie heran, die Ihm kaum das Verständnis eines breiteren Publi kums eröffnen kann. Dies wiederum läßt Wimmer kalt, er malt nicht vordergrün dig für das Publikum, sondern, wie schon erwähnt, weil er einfach malen muß; fin det er zudem ein Echo beim Betrachter, freut Ihn dies. Im allgemeinen sind ihm seine Biider jedoch Trophäen dessen, was zu einer gewissen Stunde für ihn wichtig war. Die biographischen Daten dieses Man nes sind schnell mitgeteilt, besitzen in ihren wenigen Details jedoch einen tie fen Inneren Bezug zum heutigen Künst ler. Josef Wimmer wurde am 16. Dezem ber 1925 in St. Peter-Zizlau geboren, in einem Gebiet also, auf dem sich heute die Anlagen der VÖEST-Alplne erheben. Dieses Unternehmen hatte noch später Bedeutung in seinem Leben. Vorerst wuchs Wimmer in ärmsten Verhältnissen auf, wie sie nur in den zwanziger und dreißiger Jahren möglich waren und dem Menschen von heute, der diese Zeit nicht miterlebt hat, kaum glaubhaft erscheinen. Er lernte den bitteren Hunger, die Verrohtheit des Alkohollsmus kennen In einem vorstädtischen, fast noch ländli chen Arbeltermllleu, als die Maschinen dem Unternehmer kostbarer waren als die menschliche Arbeltskraft, da diese von selbst nachwuchs. . Nach dem Be such der Pflichtschulen erlernte Wimmer das Anstreicher- und Schriftenmaierhandwerk, und heute noch ist er dar über froh, denn hier wurde er mit dem Wesen der Farbe vertraut, rieb die Far ben noch selbst an, erfuhr, wie man alle Möglichkeiten aus Ihnen herausholen könnte, Grundlagen also, die ihm später beim Restaurieren dazu halfen, die ganze DIfferenzlertheit alter Fassungen zu er kennen. Kaum aus der Lehre entlassen, folgten Arbeitsdienst, Wehrdienst, Kriegs gefangenschaft in Marokko. Nach der Heimkehr besuchte er durch zwei Seme ster die Staatsgewerbeschule Linz bei den Professoren Binder und Ikrath und anschließend durch acht Semester die Kunstschule der Stadt Linz bei den Pro fessoren Ortner und Hauk. Schon hier wurde man auf Ihn aufmerksam, obwohl er nie der .Künstler war, der sich im ersten Anlauf In die Herzen einer breiten Anhängerschaft hineinmalte. Vielleicht konnte gerade deshalb auch Prof. Hauk einmal urteilen, daß Ihm dieser Schüler besonders ans Herz gewachsen sei, well er keiner von denen wäre, die es sich besonders leicht machen, sondern ein Mensch cei, der zur Vertiefung strebt. Nach Abgang von der Schule suchte er erst einmal einen Brotverdienst, er arDas Wohnhaus des Künstlers im Mühlviertel — Wimmers stille Insel im Grünen. Aufnahmen: Reinpreoht Schober

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