Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 4, 1975

Die Rasterfassade neben der Wiener Karlskirche dürfte eine Menetekel sein, wie ,,kongenial" sich manche moderne Architekten heute in eine vorgegebene einmalige städtebauliche Situation einzu leben vermögen. Am Kornplatz in Langenlois finden wir ein Gegenbeispiel: Ein Neubau nimmt, um sich anzupassen und ja nicht aufzu fallen, alle köstlichen Details der Langenlolser Baukunst des 17. Jahrhunderts auf und an. Ganz froh kann man aber über diese Stilmaskerade auch nicht sein. In St. Pölten hat man am Hauptplatz und rund um das mitten im Stadtkern neuge schaffene Handelszentrum einige Neu bauten errichtet, die sich ohne eigene Ambitionen als moderne Neubauten maß stäblich und gestalterisch gut In den vor gegebenen Rahmen einzufügen bemü hen. Ähnlich hat man in der Kremser Landstraße unmittelbar neben der goti schen Spitalkirche einen Neubau ge schaffen, der sich ausgezeichnet in das gewachsene Ensemble einfügt. Die Einbindung neuer Bausubstanz in das Gefüge einer alten Stadt ist zu einer wichtigen Aufgabe bei der Architekten ausbildung geworden. Nur an wenigen Hochschulen (wie etwa in Dresden) gibt es hiefür eigene Lehrgebiete — von Lehr kanzeln ganz zu schweigen. Die Techni sche Hochschule In Wien hat sich im Rah men des Wahlgegenstandes ,,Bauen In der Altstadt" bemüht, dieser wichtigen Zukunftsaufgabe, die nichts mit histori schen Regungen zu tun hat, gerecht zu werden. Die Ausbildung der Architekten hat nach der verfehlten Entwicklung, bei der es Im 19. Jahrhundert Lehrkanzeln für Renais sance-Baukunst (identisch mit Entwürfen in Renaissance-FormenI) gab, in einer großen Purifizierungswelle das Entwer fen in historischem Stil abgeschafft und die Stilkunde nur noch im Rahmen der Lehrgebiete Kunstgeschichte und Bau kunst als reines Bildungsfach geduldet. Die wichtigsten Kriterien der Architektur wurden jetzt ,,Sachlichkeit" und ,,Moder nität" - wenn nicht gleich Mode und sogar Konfektion I Die Entwürfe der Architekturstudenten, von denen die Mehrzahl später wohl nur Wohnhäuser errichten dürfte, reichten vom Airport bis zu Botschaftsgebäuden in Südamerika. Die viel näher liegende Frage, wie man eine Bank in Langenlois oder ein Postamt in Zwettl gestalten sollte, stellte aber niemand. Das Entwerfen einer Allerweltsarchitektur ist aber für die aktuelle Problemstel lung wenig zielführend. Die Aufgabe lau tet vielmehr: Wie kann man zum Beispiel einen Neubau in Feldkirch oder aber ein Geschäftshaus in Kufstein organisch in ein gewachsenes Ortsbild einfügen? Da bei brauchen wir vorrangig keine histo rischen Stilformen Integrieren, sondern nur wieder regionale und lokale Symp tome besser als bisher beachten, damit Alt- und Neusubstanz nicht zu sehr aus einanderklaffen, sondern wieder eine Einheit biiden. Die Rettung der alten Stadtkerne Öster reichs ist aber keineswegs nur ein tech nisches und gestalterisches Problem, sondern auch eine wirtschaftliche Not1 ^ ^ ■■ I ^

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