Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 1, 1975

Moderne Kunst in alten Kirchen Oberösterreiohs Erich Widder Damit die In unseren Kirchen nieder gelegten „künstlerischen und religiösen Werte möglichst rein und eindrucksvoll zur Geltung gebracht werden"' können, muß die Denkmalpflege auch Kunstpflege in dem Sinne mit einschließen, daß ver antwortete Kunstwerke der Zeit zur not wendigen Ergänzung der Raumwirkun gen oder der Einrichtungen herange zogen werden. Dieses Postulat beruht genauso auf der Einsicht und Praxis an erkannter Denkmalpfleger dieses Jahr hunderts wie auf dem Aufbruch des inner kirchlichen Lebens und Denkens, der die Dokumentationen des 2. Vatikanums durchwirkt. Zum ersten: In dem 1918 in 2. Auflage erschienenen ,,Katechismus zur Denk malpflege" von Max Dworäk findet sich neben der Warnung vor schablonenhaf ter Monumentalmalerei und nur bunten Glasgemälden im Kapitel VI der lapidare Satz: ,,Wo man jedoch auf einen reichen malerischen Schmuck an den Wänden oder in den Fenstern nicht verzichten zu können glaubt, muß zumindest dafür ge sorgt werden, daß die Entwürfe Künstlern in Auftrag gegeben werden, die nicht nach Schablonen arbeiten, sondern so viel Verständnis und Begabung besitzen, um ein Werk zu schaffen, das selbstän digen künstlerischen Wert hat und dabei mit der monumentalen Gesamtwirkung des Baues und dessen altem Gepräge in Einklang steht." In ähnlichem Sinne wurde damals aus der Zeitsituation her aus vor Einrichtungen gewarnt, die so genannte ,,Kunstfirmen" als Massen erzeugnisse nach allen Windrichtungen (im Doppelsinne!) vertrieben; es wurde den Bauherrn Geduld empfohlen, bis „bei hervorragenden Meistern Werke von blei bendem Werte" in Auftrag gegeben wer den könnten. Die falsche Verschöne rungssucht resultierte laut Dworäk immer aus dem vermeintlichen Gegensatz zwi schen Fortschritt und alten Denkmalen, die verheerenden pastoralen Wirkungen dieser Mißverständnisse sind mancher orts heute noch spürbar und man ist an diese vor einem halben Jahrhundert ge sprochenen prophetischen Worte erin nert: der Talmiglanz der Fabrikware verblaßt schnell, die wertlosen Einrich tungsstücke sind so unsolid gearbeitet, daß sie in wenigen Jahren auseinander fallen und die künstlerisch wertlose Aus schmückung wird, nachdem sie den Wert der Neuheit verloren hat, auch denen un leidlich, die sie verschuldet haben." Der verdiente eidgenössische Denkmal pfleger Professor Linus Birchler hatte in den vierziger Jahren bei seinem Bemühen, langweilige und nichtssagende neugotische Kirchenbauten durch neue Altarlösungen und zeitgenössische Fenstergestaltungen in ihrer Wirkung zu verbessern, das heißt, sie zu aktuali sieren, bereits darauf hinweisen können, daß damals (1943!) gerade die spät gotische Wasserkirche in Zürich für die drei Mittelfenster des Ghorschlusses Glasgemälde von Augusto Giacometti erhielte Den zweiten, liturgischen Aspekt unter mauert ein frühes heimisches Beispiel. Der Restaurierungsbericht der Pfarrkirche Laakirchen aus dem Jahre 1932 stellt fest^, daß sich die im Laufe der Arbeiten ,,durch Aufdeckung neuer Mängel immer umfangreicher gestaltende Aufgabe nur durch Beschränkung auf das Wesent lichste und Notwendigste restlos durch führbar erwies." Hier wurde auch schon der allgemeinen Auffassung zu Leibe gerückt, nur eine ,,mit Einrichtungs stücken entsprechend angeräumte Kirche sei schön, auch wenn es sich dabei um nichtswürdiges baufälliges Gerümpel handelt, doch sind ... die Ein sichtigen eines Besseren belehrbar. So verstummt allmählich der Protest gegen das Ungewohnte, wenn man sieht, daß es sich nicht um eine Laune, sondern um gut begründete Richtlinien handelt, deren konsequente Durchführung sehr berechtigt ist. Man muß auch zugeben, daß mit der Gestaltung des durch obige Momente begründeten Einfachen und Schlichten die moderne Architektur allein betraut werden kann ... Diese Auffas sung erhält neue Begründung durch die auffallende Kongruenz seelsorglichpraktischer und liturgischer Ziele mit modernen baukünstlerischen Bestrebun gen. Das ist schließlich nicht allzu ver wunderlich, da sich Seelsorge an die Zeit mit ihren Problemen wendet, wie sich Architektur mit den ihr zukommen den Aufgaben eben dieser Zeit beschäftigen muß. Die Überzeugung, daß künstlerisch Wertvolles, gleich welcher Epoche es nun angehört, durch eine innere Verwandtschaft sich jeweils auf das Beste dem aus ganz anderen Zeiten stammenden einfügt, ließ ebenfalls moderne Baukunst in unserer alten gotischen Hallenkirche berechtigt er scheinen." Das Ergebnis der architek tonischen Umgestaltung durch den Wiener Architekten Hawranek und vor allem die Ausstattung mit zeitgenössi schen Fenstern und Wandmalereien durch den Linzer Alfred Stifter darf als

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