Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Die Personenschiffslände in Linz in den dreißi ger Jahren. Rechts im Hintergrund die alte Gitterwerk-Donaubrücke, die später durch die Nibelungenbrücke ersetzt wurde. Links das seinerzeitige Hotel Weinzinger, dahinter das ehemalige Sparkassengebäude bzw. die Bauten an der Einfahrt zum Hauptplatz, an deren Stelle sich jetzt die Finanzgebäude am Brücken kopf erheben. Der Werkshafen der VÖEST in Linz, in wel chem sich circa drei Viertel des gesamten Linzer Donauumschlages konzentrieren. An der Nordseite des Hafenbeckens findet der Kohle umschlag statt, gegenüber der Erzumschlag. anlieger 44 Prozent des österreichischen Importes und 39 Prozent des Ausfuhrvo lumens. Der umfangreiche Handelsverkehr mit Deutschland ließ aber auch die Rhein-MainDonau-Verbindung von österreichischer Sicht her wiederum in aktuellem Licht er scheinen. So verfolgte man in oberöster reichischen Wirtschaftskreisen äußerst interessiert die Aktivität der 1921 durch einen Staatsvertrag zwischen dem Deut schen Reich und dem Freistaat Bayern so wie dem Land Baden gegründeten RheinMain-Donau AG,deren Aufgabe es wurde, zugleich mit dem Energieausbau an Main und Donau die Großschiffahrtsstraße schrittweise zu realisieren. Zunächst wurde der Main von Aschaffenburg aufwärts aus gebaut. 1928 erfolgte an der Donau die Errichtung der Kraftwerksstufe Kachlet. In Linz setzte man in die Zukunftsent wicklung an der Donau große Hoffnungen. Man wollte bereits für die Zeit Vorsorgen, in der die Linzer Umschlaglände zwischen der „alten und neuen Donaubrücke" sowie die dort befindlichen Lagerhäuser den An forderungen nicht mehr gewachsen wären. In vorausschauender Weise plante man einen Hafen im Osten der Stadt. Die Ge meinde erwarb hiefür schon in den zwan ziger Jahren 83 Joch des sich zwischen Schiffswerft und Steyregger Eisenbahn brücke erstreckenden Augebietes. Der da malige Präsident der oberösterreichischen Handelskammer und Welser Industrielle Ludwig Hinterschweiger propagierte den Ausbau der Traun als Stichkanal für die Großschiffahrtsstraße und Kraftwerkskette bis nach Lambach. Auch der Ausbau der Enns als Schiffahrtsweg bis Steyr wurde diskutiert. Die Weltwirtschaftskrise und die politi schen Verhältnisse der dreißiger Jahre lie ßen jedoch diese Projekte in den Hinter grund treten. Erst im Zeichen des nach europäischer Hegemonie trachtenden „Dritten Reiches" wurde nach 1938 nicht nur die Realisierung der Rhein-DonauVerbindung forciert, sondern auch wieder um das Projekt einer Donau-Oder-Wasser straße aufgegriffen, wenn auch diesmal in letzterer Hinsicht vom Standort Wien aus (heutiger Ölhafen Lobau). In Linz ent stand — übrigens auf der Basis früherer mammmmmmmm Hi] i AGGSBACH österreichischer Projektierungen — am Schnittpunkt der künftigen Rhein-MainDonau-Wasserstraße, auf der Ruhrkohle und Erz aus dem Bamberger Revier heran gebracht werden sollte, mit der Bahnlinie, welche vom Erzberg in der Steiermark zur Donau führte, das erste schwerindustrielle Zentrum am Strom, das nach fast völliger Zerstörung im Kriege im wiedererstande nen Österreich neu aufgebaut wurde und in seiner Dynamik erst zur vollen Entfal tung kam. Binnen zweier Jahrzehnte wurde Linz zu einem siedlungsmäßigen Ballungs raum von mehr als 260.000 Menschen, wo je Einwohner dreieinhalbmal so viel In dustriegüter erzeugt und viereinhalbmal so viel exportiert wurden wie im gesamtöster reichischen Durchschnitt. Obwohl die Rea lisierung der Rhein-Main-Donau-Verbin dung zunächst in weite Ferne gerückt und die Donau durch die Demarkationslinie ge teilt war, wobei im oberösterreichischen Ab schnitt diese Zonengrenze sogar im Strom selbst verlief und das Nordufer vom süd lichen schied, kam durch den Rohstoffbe darf der Linzer Schwerindustrie und deren Exportlieferungen wieder ein internationa ler Donauverkehr in Gang. Der im Krieg eingestellte Bau eines Handelshafens wurde 1948 wieder aufgenommen und vollendet.

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