Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Die Linzer Torte, links oben: Titelbild aus dem Linzer Kochbuch der Niederederin, 1822, mit Linzer Köchin mit Goldhaube am offenen Herd. Auf dem Fensterbrett eine Linzer Torte in der Form. — Links unten: Hinterglasbild der Firma Wrann, verwendet als Etikette heu tiger Tortenpackung. — Rechts: Verkauf der Linzer Torte in unserer Zeit Schriftsteller Kohl: „Oben (im ersten Stock der Linzer Gaststätten) speist man nun die herrliche Linzer Torte; unten aber kann man von den gefälligen ,KucheImadIn' das Rezept dazu bekommen." Das Verdienst, die Bereitung verbessert, den Gewerbebetrieb aufgenommen und so die Voraussetzungen für allgemeine Ver breitung der Torte geschaffen zu haben, gebührt dem 1822 aus Augsburg nach Linz eingewanderten Zuckerbäcker Johann Kon rad Vogl. Nach einem arbeits- wie erfolg reichen Leben starb er 1883 als Wohltäter und Ehrenbürger der Stadt. Seine Vorschrift lautet: „30 dkg Butter, sehr schaumig ge rührt; 15 dkg Zucker, 2 ganze Eier, von einer halben Limone die geriebenen Scha len, ein Messerspitz voll Ammoniam (Back pulver) mit 45 dkg Mehl vermengen, das Ganze mindestens eine halbe Stunde lang abtreiben, bis es bröselig wird wie ein Sterz. Dann die Hälfte der Tortenmasse mit der Hand im Tortenreif niederdrücken, darauf dicke Ribiselmarmelade füllen, die zweite Hälfte der Masse draufgeben und die Torte heiß backen." Der Neffe Vogls ergänzte diese Angaben durch den Hinweis, das Hauptverdienst seines Onkels sei das gründliche Abtreiben der Masse gewesen; auch könne man die Torte mit einem Gitter aus Teigstangen belegen und in deren Zwischenräume Ribiselmarmelade füllen. Die Linzer Torte stieg rasch zu einem be liebten Reiseandenken auf und blieb dies bis heute. Einige Beispiele mögen das be stätigen: Wenn der Vater Kaisers Franz Josefs, Erzherzog Franz Karl,in Linz weilte, nahm er jedesmal eine Linzer Torte nach Ischl oder Wien mit. Bei der Schlaraffia wurde es üblich, daß jeder Linzer, der in ein fremdes Reich einritt, eine Linzer Torte als Angebinde mitbrachte. 1957 überreich ten die oberösterreichischen Teilnehmer am Ätna-Skirennen eine Linzer Torte in Urpackung als Dank für die freundliche Auf nahme. 1958 schrieb die Münchener Tages zeitung Merkur ein großes Preisrätsel aus, das dem Reiseland Österreich gewidmet war; dabei galt es unter anderem auch die Linzer Torte zu erraten. Von den insgesamt 33.189Einsendern beantworteten 88 Vo diese Frage richtig. Zusammen mit dem Bild einer schönen Linzerin prangt die Linzer Torte seit den Biedermeiertagen auf Glück wunschkarten und, geschmückt mit dem Köpfchen einer bildsauberen Goldhauben trägerin, gehen noch heute die TortenPackungen hinaus in die Welt. liini Der Landler Schon lange, bevor Rousseau (1712 bis 1778) seinen Mahn- und Weckruf „Zurück zur Natur!" erschallen ließ, war er im Tanz des Landes ob der Enns bereits zur Tat geworden. Die im 17. und 18. Jahrhundert über Europa hereinbrechende Hochflut von romanischen Tänzen erreichte die Grund schicht des oberösterreichischen Volkes so gut wie nicht, fand in der Bürgerschaft nur wenig Beachtung und vermochte auch den heimischen Adel nicht völlig dem bo denständigen Volkstanz zu entfremden. So schreibt denn 1714 — da war Rousseau gerade zwei Jahre alt — der Landeshaupt mann von Oberösterreich Christoph Wil helm von Thürheim seinem Bruder:„Unsern Herrn Grafen Khevenhiller haben erwählt pour le Roy du bal, weil ich nicht mehr französisch tanze; teutsch habe doch ge tanzt! " Das Übersättigen mit fremdem Tanzgut mußte eben naturgemäß zum Rückgreifen auf das eigene führen. So drängten denn im Verlauf des 18. Jahrhunderts die „Deut schen" oder „Ländler", — anfänglich noch unter den Decknamen Alsacienne, Tyrolienne, Styrienne — langsam aber un aufhaltsam die französischen Adelslieb linge, Menuett und Quadrille, immer mehr zurück. Das spielerische Tändeln mit länd lich einfachen Verhältnissen gehörte außer dem in der Rokokozeit zum guten Ton. So wird es denn begreiflich, daß Linzer Tondichter Jahr für Jahr die Tanzlustigen mit „neuesten Ländlertänzen" oder „Re doutdeutschen" beglückten; schenkten doch auch die Wiener Klassiker Beethoven, Haydn, Mozart, Schubert diesen Volkstanz formen ihre Gunst. Freilich, die Schöpfun gen der Linzer Musikgrößen erscheinen uns heute schulmeisterlich, nüchtern, trocken.

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