Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Hans C o m m e n d a Linzer Torte und Landler Aufnahmen: M. Eiersebner Wenn von kulturellen Leistungen im Ober österreich der Vergangenheit die Rede ist, dann pflegt man das Land ob der Enns als Bauernland mitleidig zu belächeln und seine Landeshauptstadt durch Bauernfelds bissige Tagebucheintragung zu erledigen: Mit Cyankali hat es keine Eile, Man kann auch ruhig sterben aus Langeweile Wie in der Provinz — in Linz! Wer aber die Wirklichkeit kennt und der Wahrheit die Ehre gibt, muß dankbar fest stellen,daß nicht bloß das heutige Groß-Linz durch sein LD-Verfahren der Stahlerzeu gung, sondern bereits das einstige KleinLinz durch eine Fülle von Besonderheiten bekannt, ja berühmt wurde. Außer Wien hat keine Stadt des heutigen Österreichs solch erstaunliche Schöpferkraft entwickelt. Der Goldhelm der Linzer Haube auf dem - Köpfchen der schönen Linzerin, das kunst voll geschlungene Kopftuch aus schwerer, schwarzer Seide der Mädchen um Linz, weiter Linzer Möbel, Linzer Zeug, Linzer Schießpulver, Linzer Fischgerichte, ganz zu schweigen von den messegleichen europäischen Jahrmärkten der Stadt, sind wohl Beweis genug. Zwei Schöpfungen indes verbürgen dem Lande ob der Enns wie seiner Hauptstadt dauernden kulturel len Ruhm; der Leckerbissen der Linzer Torte und das Tanzkunstwerk des ober österreichischen Landlers. Die Linzer Torte Könnt ich danken,wie ich sollte. Könnt ich danken, wie ich wollte. Müßt ich an den Himmel greifen. Alle Sterne niederstreifen Und sie Dir zu Füßen legen Deiner Linzer Torte wegen... isii Äfcil w^Wm rmtumi 'sshv' m Dennoch würd ich gar nichts sagen. Würde schweigend in mir tragen Die Empfindung der Verpflichtung. Was ist Kunst und was ist Dichtung, Was sind aller Dichter Worte Gegen eine Linzer Torte! Mit diesem etwas überschwänglichen Preis lied steht Ernst von Wildenbruch keines wegs allein da. Auch ein Karl Hugo Rössler singt das gleiche hohe Lob und der einst weltbekannte Feinschmecker Fürst Pückler — Muskau machte sich 1808 eigens auf den Weg, um das leckere Backwerk an Ort und Stelle zu verkosten. Voll der Bewunderung zog er von dannen. Als Linzer Erfindung ließ sich die Linzer Torte bisher nicht nachweisen, wohl aber als ein durch Jahrhunderte daselbst belieb tes und erzeugtes Backwerk eigener Art. Anweisungen zum Herstellen einer ähnli chen Mehlspeise gibt es bereits im 17. Jahr hundert auch in anderen Städten Öster reichs. Der Name taucht indes erst 1718 in dem Rezeptbuch des erzbischöflichen Stadt- und Landschaftskoches Conrad Hager zu Salzburg als „Geflochtene Linzer Torten" auf. Beschreibung wie Bild passen schon ganz auf die heutigen Formen dieser Süßspeise. Im ersten gedruckten Linzer Kochbuch werden 1804 bereits vier ver schiedene Herstellungsarten angegeben. Sie gingen ziemlich unverändert in die späteren Kochbücher über. Durch Linzer Hausfrauen, Köchinnen und Zuckerbäcker liebevoll gepflegt, hatte sich am Beginn des 19. Jahrhunderts die Linzer Torte bereits einen derartigen Ruf erwor ben, daß sie weit und breit verschickt wurde. Im Jahre 1842 berichtet der Reise-

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