Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Links: Krone der Marienglocke aus 1512 — Rechts: Blick über die konservierten Ost abschlüsse der Vorgängerbauten (römischer Tempel um 200, frühchristliche Basilika um 350, karolingische Kirchenanlage um 800) in das ehemalige Presbyterium mit gotischem Taufstein i^i . :■/ ' l -Iii iv. Ruhm dem römischen Imperium verdankt. So steht es in lateinischen Versen am Stadt turm geschrieben: „Haec de Lauriaco reliqua est. His Marcus in oris cum Luca Christi dogma professus erat." — „Hier an diesen Gestaden kündigten Christi Wort Lukas mit Markus vereint®." Der Histori ker muß Einspruch erheben: Es kann keine Rede davon sein, daß die Evangelisten hier zu Lorch gepredigt hätten. Aber der Mythos ist Erlebnis, in dem die Maße von Raum und Zeit verschwimmen. Das Bewußt sein, hier an einer Stelle zu stehen, wo schon im dritten Jahrhundert das heid nische und christliche Rom einander be gegneten, genügt. Die frühchristliche Ge meinde von Lauriacum mit ihren Mär tyrern wird präsent in den Petrus- und Paulus-Schülern Markus und Lukas. Sie' sind der Urtyp der Verkündigung von Christi Frohbotschaft. Kann es dann Wunder nehmen, wenn Lukas als erster der 29 Porträts „deren Erzbischöffen" aufscheint, „welche vor alters auf dem Erzbisthum allhier zu Ennß, vorhin Lorch genannt, regieret haben und alsdann von Ennß oder Lorch wegen der anhaltenden großen Kriegen und Verfol gungen der Heyden der Bischöfliche Sitz nacher Passau gebracht worden . . Die Dreiflüssestadt, das alte severinische Batavis, erkannte in Lorch ihre Mutter kirche und leitete von ihr auf dem Hinter grund der Überreste von historisch geisti gen Zuständen, die durch Traditionen ge treulich weitergegeben wurden, ihren Ur sprung ab. So mußte auch der Patron der Diözese Passau, obwohl in Cilli geboren, und hin gerichtet, trotzdem Erzbischof von Lorch gewesen sein, ein Glied jener mystischen Kette, welche die kritisch-historische Wis senschaft als kirchenpolitische Fälschung und daher als auszumerzenden Irrtum klassifiziert'". Noch heute wird dieser Maximilian — wie lange noch? — als alter Diözesanpatron von Passau und Linz verehrt und sein Tag am 12. Oktober im liturgischen Raum mit einem Festoffizium gefeiert. Die strenge Analyse einschlägiger Geschichtsquellen läßt aber keinen Anhaltspunkt dafür fin den, daß der im salzburgischen Pongau ver ehrte Heilige jeweils Bischof oder gar Märtyrer war und zu Lorch gelebt hätte. Aber dieser Maximilianstag, der 12. Okto ber, hat es in sich: An eben diesem Tag des Jahres 1900 fanden Arbeiter im Hoch altar der alten Bischofskirche von Lorch einen schlichten Steinsarg mit 87 Gebeinen, eingehüllt in ein Textil, dessen antike Her kunft inzwischen einwandfrei festgestellt wurde". Das Ossuar war zugedeckt mit einer Steinplatte, auf der der Kommandant der 11. italischen Legion G. Memmius Fidus Julius Albius, Statthalter der Pro vinz, eine Weihe an den Genius verewigen ließ, die er am 18. September 191 zu Lauriacum vollzogen hatte'-. Handelt es sich bei diesen sterblichen Überresten um Gebeine der legendären 40 Märtyrer von Lauriacum? Das medizinische Protokoll weist jedenfalls darauf hin, daß die Gebeine ungefähr von 40 Menschen stammen. Weil eine Authentik fehlte, ordnete Rom die Entfernung aus dem Hochaltar und die Bestattung auf dem Lorcher Friedhof an. Wer führte nun im April des Kriegsjahres 1944 den Sektenbischof Thimotheus auf die Spur dieser Beisetzung, deren Ort als ein ziger Kronzeuge der 86jährige Mesner von St. Laurenz kannte, der sieben Monate später verstarb? Die vom Linzer Bischof gutgeheißene Exhumierung und Wiederbei setzung erfolgte am Festtag des Lorcher Märtyrers Florianus im selben Jahr'". 18 Jahre später, am 11. Oktober, dem Vigiltag von Maximilian, wurde in Anwesenheit erster Fachexperten für Archäologie und Anthropologie — auch der Ausgräber des

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