Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

Otfried Kastner Bei den Löffelschnitzern und Loahmmandinnachern Mit diesen beiden Berufsbezeichnungen ersteht heute nur mehr älteren Menschen ein Bild von der Härte der sozialen Lage der kaiserlichen Salzkammer in der unmittelbaren Nähe der alten Salzfertiger-Stadt Gmunden. Das Gut war für die Landesfürsten erträgnisreich. Gmunden als Verwaltungszentrum war immerhin in der Lage, durch Jahrhunderte bedeutende Bildhauer zu beschäftigen. Schon seit den Tagen Lienhart Astls vermochten die Salzfertiger und die Bürgerschaft Aufträge zu vergeben, so daß später Michael Zürn der Jüngere, die Perdiller und nicht weniger als drei Mitglieder aus der Bildhauerfamilie der Schwanthaler folgen konnten. Ging man jedoch nur wenige Wegstunden vor die Stadt, so traf man auf das „Volk der Löffelschnitzer", das in der Viechtau und am Grasberg überaus bescheiden hauste. Ein ähnliches Mißverhältnis bestand zwischen den erb eingesessenen, weithin geschätzten Hafnermeistern und den Loahmmanderlmachern, die sozial eine ganz untergeordnete Rolle spielten, wobei sie unverändert konservativ blieben, während Firmen wie Schleiß den Anschluß an die modernsten Bestrebungen in Wien fanden. Für beide Gruppen bot ein um Gmunden fündiger Lehm, den die Loahmmandlmacher „blauen Tachent" nannten, die Ausgangsbasis. Die Schnitzer wußten sich ihr Lindenholz zu besorgen, die Löffelmacher hingegen trafen auf die seit Maximilian 1. fest gelegten Verordnungen, die sich um das Wohl der Salz kammer und ihrer Bewohner bemühten. Der Raubbau an Holzbeständen ist nichts Neues. Es war nicht nur das Sud wesen mit den riesigen Salzpfannen zu beliefern, es brauchten die Erhaltung der Traun als Schiffahrtsrinne, die Pilotierung der Ufer, die Schleusen, die Wehren und schließlich die Transportschiffe geeignetes Holz. Dazu kam die Erzeugung der Kufen mit ihren eigenen „Haslwäldern", die das Bund material liefern mußten. Selbst die kaiserliche Hofhaltung und die Einrichtung der Ischler Villa waren für heutige Verhältnisse sehr bescheiden, wie schwer jedoch das Leben den Löffelschnitzern fiel, erlebte ich persönlich, als ich meinen Vater, der dienstlich bei ihnen eine Kommissionierung durchzuführen hatte, einst begleiten durfte. Seit Jahrhunderten gab es strenge Verweise und Verbote, trotzdem waren damals noch immer 57 Schnitzer langer und 214 Schnitzer kurzer Löffel tätig. Durch eine zeit raubende Bemalung wurden die Gegenstände zum Teil auf das bedeutendste veredelt. (Barocke Stücke haben heute größ ten Seltenheitswert.) Man arbeitete zehn bis zwölf Stunden und mehr, besonders im Sommer nützte man den langen Tag. Auch die Kinder mußten mithelfen. Mehlschaufeln wurden aus Buchenholz gemacht. Die Leute, die Spanschachteln er zeugten — dazu gehörten auch die verschiedensten Doserl für Salben —, brauchten gut spaltbares Holz. Rechen, Pinsel, Bürsten, schließlich auch Pipen wurden und werden noch heute hergestellt. Die Schaffelmacher erzeugten jährlich 30.000 bis 40.000 Stück. Die Brautschaffel waren mit Brandstempel mustern gefällig verziert. Andere Erzeuger machten nur Schaukelpferde und Pferde in etwa vierzehn Größen; noch im zweiten Weltkrieg konnte ich eines in Altmünster er werben. Sie waren wie die Trompeten und Gewehre aus Weichholz. Sie und anderes Spielzeug, wie Puppenküchen, Holzfigürchen aus Neukirchen bei Altmünster, Saure Wies, um 1946. Umseitig Loohmmanderin aus biedermeieriicher Zeit und Gegenwart. Doggen, Puppen, Krippenfigürchen, auch bloße Zierfiguren, wie man sie noch nach 1945 z. B. in der „Sauren Wies" bei Neukirchen erwerben konnte (sie wurden in verschiedenen Größen und in drei Typen erzeugt), ernährten nur kümmerlich ihren Mann. Andere Arbeiter machten wieder nur Häuschen für die Krippen und für die Grillen. Die Leute lebten bescheiden, sie wohnten frei an der Grenze zwischen Berg bauerntum und Waldkultur. Was sie in einem unvorstellbar raschen Tempo schufen, hieß „Fabrikation". Ihre Erzeugnisse waren sämtlich sehr liebenswert. Da gab es einen Reiter mit einer kleinen „Hendlfeder" am Kopf, er hatte ein Pfeiferl eingebaut; der „Türkenreiter", er lief, so klein er war, auf Rädern aus runden Holzscheibchen. Mein Vater war weniger von dem Spielzeug beeindruckt, ich glaube jedoch, die Löffelschnitzer kamen, solange er in Gmunden tätig war, mit der Besteuerung sehr glimpflich davon. Schon 1562 war man über ihren Holzverbrauch erbost, aber damals — also etwa 1905 — waren es noch immer etwa 800 Menschen,die vom Holze lebten.

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