Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

Verbindung mit dem christlichen Volksglauben hergestellt werden konnte, haben sich auch Weiterentwicklungen erge ben, die neue Formen einführten, doch aus den Geist der alten Tradition erwachsen sind. Gerade in Oberösterreich sind wir durch die Sammel- und Forschungstätigkeit von Univ.-Dozent Dr. Ernst Burgstaller über die Gebildbrote sehr gut unterrichtet. Greifen wir nun die Gebildbrotformen der Nikolaus- oder Krampuszeit heraus, so müssen wir daran denken, daß diese Tage besonders reich sind an christlich geformten Bräuchen des Advent- und Weih nachtskreises, daß daneben Vorstellungen und Bräuche des Jahreswechsels hereinspielen und letztlich eine Schichte älterer Bräuche, die mit einem Mittwinternachtsfest verbunden waren, erhalten blieb. In diesem zunächst nicht christlichen Brauch tum spielt der Gedanke an das kommende Jahr, an seine Fruchtbarkeit in allen Bereichen der Natur und an die Sonne, die gleichsam wiedergeboren neue Kraft gewinnt, eine be sondere Rolle. So werden zu Krampus vielfach ganze Grup pen von Tieren gebacken, wobei darauf geachtet wird, daß die eine Hälfte weibliche, die andere männliche Tiere zeigt. Daneben treten einerseits die Taschen, andererseits die Boh rer und die jüngeren Pfeifen und Revolver. An die Zeit des Jahreswechsels gemahnen die alten Krampusformen. Da gibt es keine angesetzten Hörner, sondern der Kopf wird wie bei bronzezeitlichen Göttergestalten, die wir von Felszeich nungen kennen, gespalten. Die Haltung der Arme entspricht den Jahreszeitenmännchen, die als Sinnbild der Jahresmitte die Arme in die Hüfte stützen oder einen Arm heben und den anderen senken. Im absteigenden Jahr senken, im aufstei genden heben sie die Arme. Das sind die Gestalten, die vor dem Aufkommen des Krampus mit Kette und aufgesetzten Hörnern brauchtumsüblich waren. Dieser ist erst jung und noch später kommen die Nikolausformen auf. Dies läßt sich auch bei der Untersuchung der Lebzeltformen zeigen. Ausgesprochene Formen des Jahreswechsels sind Spiralengebäcke, die aus Doppelspiralen zusammengesetzt werden und in den reicheren Ausbildungen an die Verzierung bronze zeitlicher Gürtelbecken erinnern. Auch bei den Lebzeltformen stehen neben Beispielen, die auf barocke Vorlagen zurück gehen oder die Hand eines Künstlers verraten, andere, die dem Jahresbrauchtum oder besonderen Festzeiten im mensch lichen Leben entsprechen. Ls sind dies nicht die reichen und prachtvollen Formen, die vielfach besonders gern gezeigt werden, sondern einfachere, die oft auch alle Merkmale des häufigen Gebrauches an sich tragen. Fische, auch als Zeilenge bäck, wurden zu Neujahr gebacken, runde Zeitin zu Sil vester, Herzen als Patengeschenke zu Weihnachten. Line geringere Rolle spielten die vorweihnachtlichen Reiter oder ledigen Pferde. Den größten Formenreichtum weisen aber die Lebzelten auf, die sich verliebte Leute schenkten. Herzen aller Größen mit den verschiedensten Verzierungen, die nur Schmuck, zum Teil jedoch auch Ausdruck der verschiedensten Wünsche waren, standen ebenso zur Verfügung wie Täfelchen und Linzelfiguren, die wohl dazu geeignet sein konnten, spätere Liebesbriefe zu ersetzen. Und Jungverheiratete erfreute man nur zu gern mit Wickelkindern, die auch als Zwillinge oder als Zeilengebäck mit sechs oder zwölf Stück ausgeführt wurden. Neben der Lebzelterei standen immer die Wachszieherei und der Wachsguß in Modeln. Die Wachszieherarbeiten reichen von den einfachen Wicklungen, die nur für den Gebrauch bestimmt sind, bis zu kunstvollen Schlingformen, die feines handwerkliches Können und viel Geschmack verraten. Sie entwickeln sich aus den Möglichkeiten des Materials, das etwa so stark wie eine Schnur oder gar wie ein Kleinfinger sein kann. Nur durch die Wachsmalerei, die meist auf altes For mengut aufbaut, stoßen diese Erzeugnisse gelegentlich über unseren Bereich hinaus. In der Hauptsache sind es buchMi Formen der Wikingerzeit werden in diesem Tierkopf, in den beide Kufen eines alten Goßischlittens enden, wieder lebendig. Exponat aus dem Landwirtschaftsmuseum Wels. oder ringartige Formen, die für sich allein, oder durch Malerei verziert, das Herz des Besuchers erfreuen. Weniger stark treten beim Wachsguß von Votiven Formen hervor, die für jeden mit einigem Geschick begabten Hand werker erlernbar waren. Hier haben die künstlerischen Formen die einfacheren verdrängt. Ls liegt ja im Wesen der Opfergäbe, daß man das Beste, was man erreichen konnte, erwarb. Und doch stehen auch die schönen Formen der Votive weitgehend im Bereich alter Tradition. Herz, Ohren, Brust und Kröte (für die weiblichen Organe), Wickelkind, Mann und Frau, Arme und Beine, Pferd und Kuh sind die überwiegenden Grundformen gemäß den Wünschen, die man an die Heiligen herantrug. Die Bindung an die alte Tradition ist fühlbar — wer vermag zu sagen, wie alt sie ist. Bei den Gebildbroten wie bei den Opfergaben aus Wachs waren es die reinen Formen der Gestalt, die das Linzelstück auszeichnen. Beim Lebzelt tritt zu der besonderen Gestalt bereits die Verzierung, die zwar zum Teil in althergebrachten

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