Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

m 1 Einst und jetzt: C. von Binzer „Musik im Freien" Was ich über die Geschichte der Schwegel und des Pfeifens zusammentragen konnte, möchte ich im folgenden Abschnitt bringen. Aus der Geschichte der Schwegel Zwischen dem Fund der Knochenflöte aus der Bronzezeit in der Hallstättergegend und der ersten Nachricht über eine Schwegel klafft ein großer Zeitraum. Das erste Zeugnis über das Wort Schwegel findet sich in der gotischen Bibelüber setzung des Bischofs Ulfilas aus dem 4. Jahrhundert, dort heißt es im Evangelium des Matthäus 11, Kap. 17, Vers: „Wir schwegelten euch und ihr tanztet nicht." Welches Instru ment damals verwendet wurde, ist heute nicht mehr fest stellbar, da genaue Berichte in dieser Richtung fehlen. Im „Krist", einem Gedicht vom Leiden und Sterben Jesu Christi von Otfried, das etwa um 870 entstanden ist, wird die Schwegel zu den Instrumenten gerechnet, auf welchen im Himmel musiziert wird. Im Nibelungenlied, das aus Öster reich um 1200 stammt, wird bereits eine „vloite" (Flöte) erwähnt. Die Querpfeife ist erstmals im 12. Jahrhundert nachzuweisen. Aus dem 13. Jahrhundert ist noch ein Erbau ungsbuch erhalten, worin man lesen kann: „So man eine braut heimleitet, so gigot und sweglot man engegen ir." Ein fescher Pfeifermarsch der Sensenschmiede aus Waidhofen an der Ybbs, der mit zwei Pfeifen und Trommeln gespielt wird,stammt aus dem Jahr 1532. Die Schwegel mit Trommel erklang während des Mittelalters zu allen Lustbarkeiten, die von den Oberschichten wie dem Volke im Freien oder in großen Räumen gefeiert wurden. In einem Hinweis auf das Stadtpfeifertum heißt es: „Keine Gesellschaft in Teutschland, sie mochte Nahmen haben, wie sie wolte, kunte einen publiquen Actum ohne Pfeifer und Trompeter thun." Auch in Frankreich und den Niederlanden wurden „klein peucklin und schwegel... sunderlich zu dantz oder hochzyten gebraucht". Es war eben so, daß „die vor nehme Hofgesellschaft ebenso zu diesen hellaufmunternden Klängen tanzte wie die Bürger und derberen Bauern". Die repräsentations- und schmuckbedürftigen Herren ließen „hohe pfifer" während der Mahlzeiten bei Tisch spielen. Auch den Gauklern und den Schwert- oder Moriskentänzern wurde von Pfeifern aufgespielt. Die Tanzgruppen am „Goldenen Dachl" in Innsbruck zeigen ebenfalls Pfeifer. Und wer würde sich hier nicht an den Rattenfänger von Hameln erinnern, der nicht nur die Ratten, sondern auch die Kinder betörte. So wurde bis weit in die Neuzeit die Pfeifermusik im Theater, bei Turnieren, in den Kriegen bei den Landsknechten und bei Aufruhr verwendet. Da die Wirkung oft mehr als natür lich erschien, wurden die Pfeifer als des Teufels Lockvögel bezeichnet. Im 16. Jahrhundert erwähnt Hans Sachs wie folgt die Schwe gel: „Auch mußt mit schwegel und drometten zu nacht herumber gehn hofieren" und „kann pfeifen auf der hülzen schwegel." Im Volkslied „Kein seiger Tod ist in der Welt", dessen Text aus dem Jahre 1620 von Jakob Vogel stammt, heißt es: „Mit Trommelklang und Pfeifengsang wird man begraben." Bis in das 18. Jahrhundert war die Querflöte im österreichi-

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