Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

Das den Tod verklärende Monstranzenkreuz ist eine Schö pfung oberösterreichischer Kunstschmiede. Die Abb. links und rechts (Detail) zeigen ein besonders gelungenes Stück aus der Werkstätte von Woifgang Pöttinger in Grieskirchen. aus dem Mühl- und Hausruckvierteh die aus Not oder künst lerischem Drange nicht anders können, als im Winter mit dem Schnitzmesser Kruzifixe und Heiligenfiguren anzuferti gen, und in einem Falle eine Bäuerin aus dem Innviertel, die noch prachtvolle Goldhauben herstellt. Das bäuerliche Hausgewerbe ist ebenfalls im Aussterben be griffen. Besonders breitenwirksam war es, mit Ausnahme der Viechtau, bei uns ja nie. Meines Wissens gibt es nur mehr wenige Bauern, die auf einem Handwebstuhl Fleckerltep piche im Lohn oder auf eigene Rechnung erzeugen und an Dritte verkaufen. Die größte Bedeutung hat auf diesem Gebiete die „Genossenschaft der Erzeuger bäuerlicher Hand werkskunst" in Neukirchen bei Altmünster erlangt. In dieser Vereinigung sind fast alle einschlägigen Erzeuger der Viechtau zusammengeschlossen. Die Genossenschaft kümmert sich um den Absatz der Waren, den Verkauf besorgt ein Vertreter, der Handelsgeschäfte in ganz Österreich besucht und der auch wieder die Aufträge hereinbringt. Selbstverständlich gehören die Heimatwerke zu den Stammkunden der Viechtauer. Nahezu jedes Genossenschaftsmitglied hat eine Klein landwirtschaft und daneben eine Drechselbank, eine Binder oder Schnitzerwerkstatt. Auch Malerinnen werden beschäftigt. Die Veredlung der Holzwaren geschieht meist durch Malen, Lackieren oder durch Brand. Das Erzeugungsprogramm um faßt heute überwiegend Reiseandenken fragwürdigen Geschmacks, aber diese geben immerhin das tägliche Brot. An nächster Stelle stehen die Weißholzwaren (Haus- und Küchengeräte), die jedoch durch wohlfeile Produkte aus Kunst stoff oder Blech einem harten Konkurrenzkampf ausgesetzt sind. Geschnitzte Kruzifixe und Buttermodel sowie Holzspiel zeug runden das Sortiment. Man muß es den Viechtauern hoch anrechnen, daß sie sich seit Jahren um eine gute Quali tät und auch um traditionsgebundene Formen bemühen, dies allerdings nur, soweit es ihre Kundschaft (Reiseandenken geschäfte) zuläßt. Das gewerbliche Handwerk liegt, soweit es für uns in Frage kommt, sehr unterschiedlich im wirtschaftlichen Wettrennen. Die Huf- und Wagenschmiede befinden sich infolge der Technisierung der Landwirtschaft vollkommen im Aussterben und versuchen nach Möglichkeit in landwirtschaftliche Repa raturwerkstätten und in den Handel mit Landmaschinen auszuweichen. Den Werkzeug- und Messerschmieden geht es ähnlich. Hingegen arbeiten in Oberösterreich noch viele gute Kunstschlosser, die mit Aufträgen überhäuft sind. Die Zinngießer sind bereits nach dem ersten Weltkrieg in Neben gewerbe wie die Glaserei und in den Handel mit Haus und Küchengeräten und mit Geschirr ausgewichen. Die teuren Gerätschaften aus Zinnguß konnten infolge der vielen Hand arbeit bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts der Konkurrenz des billigen amerikanischen Steinzeugs nicht widerstehen. Die letzte oberösterreichische Zinngießerei des Meisters Franz Zacher fiel 1939 beim Neubau des Linzer Brückenkopfes der Spitzhacke zum Opfer. Die wenigen übriggebliebenen Zinngießerwerkstätten in anderen österreichischen Bundes ländern können infolge Auftragsüberhäufung den Bedarf in keiner Weise decken. Das Gewerbe der Gürtler und Gelbgießer erzeugt Beschläge, Ziergeräte mannigfacher Art, Luster und sakrale Gefäße und ist sehr gut beschäftigt. Wir haben in Linz und Grieskirchen leistungsfähige Werkstätten. Die meisten Kupferschmiede wurden in den Zwischenkriegs jahren auf Spenglerei umgestellt. Die wenigen Betriebe des Traun- und Innviertels erzeugen neben Kupfergeschirr in alten Formen noch Kessel, Schnapsbrennereien, Wetterfah nen, Wetterhähne usw. Auch hier ist die Auftragslage aus gezeichnet. Silber- und Goldschmiede, die Pretiosen für die trachtentra gende Damenwelt herstellen, haben wir noch in Linz, im Salzkammergut und im Innviertel. Der Linzer Biedermeier schmuck wird ebenfalls noch in der Landeshauptstadt von einer alteingesessenen Firma erzeugt. Auch hier ist die Auf tragslage überall zufriedenstellend. Das Gewerbe der Zimmermeister wird heute meist gleich zeitig mit dem des Baumeisters ausgeübt. Gute Zimmerleute sind ausgesprochene Mangelware. Davon, daß es hier noch Künstler gibt, kann man sich bei einer Fahrt durch die Landesviertel, im besonderen aber im Salzkammergut über zeugen. Über das blühende Handwerk der Tischler enthalten wir uns am besten eines Kommentars. Bedauerlich ist nur, daß es verhältnismäßig wenige gute Möbeltischler gibt, die sich für die Erzeugung traditionsgebundenen ländlichen Mo biliars interessieren und daß alle die einfachere Serienarbeit des „modernen Geschmacks" oder die Bautischlerei vorziehen. In diesem Zusammenhange muß den Tischlerei- bzw. Holzverarbeitungs-Fachschulen des Landes ein Lob gespendet wer den. Sie erziehen ihre Schüler nicht nur zu tüchtigen Hand werkern, sondern versuchen in ihnen auch eine Berufsehre und eine Liebe zu den überlieferten Möbelformen wachzu rufen. Die Existenzgrundlage der Wagner ist hingegen wieder durch die Umstellung in der Landwirtschaft schwer erschüttert. Die paar Christbaumräder, die das Heimatwerk braucht, reichen höchstens für einen Monatsumsatz einer einzelnen kleinen Werkstatt. Als Ausweichmöglichkeiten bieten sich hier die Sportartikelerzeugung (Skier, Rodeln etc.), die Karosserie-

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