Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 1/2, 1965

Teil der Ortschaft Reichraming(Rückstauraum des Ennskraftwerkes Losenstein) vor dem Kraftwerksbau. Teil der Ortschaft Reichraming nach dem Kraftwerksbau. Bei der Planung der Kraftwerke wurde auch besonders auf die Landwirtschaft Bedacht genommen. Das bis zu 80 m tief einge schnittene Tal der Enns begünstigt die Anlage von Staukraft werken, da der Großteil der Kulturflächen auf den Hochterrassen liegt und die Steilufer landwirtschaftlich wenig produktiv sind. So war die Anlage von Stauräumen bei geringster Inanspruch nahme landwirtschaftlich genutzter Flächen möglich. Die durch das Baugeschehen beschädigten Fluren und Bodenflächen wurden mit den abgehobenen Humusschichten der eingestauten Grün flächen rekultiviert. Schließlich brachten Grundzusammenlegungen und Flurbereinigungen der Landwirtschaft erhebliche Vorteile und Erleichterungen. Die Kraftwerksbauten mit ihrer klaren und schlichten Architektur und ihren gut gewählten Maßverhältnissen fügen sich harmonisch in den großen Rahmen der Ennstallandschaft ein. Die sechs Fluß kraftwerke bilden mit Wehranlage und Krafthaus einen einheit lichen, langgestreckten Baublock, der, im Flußbett quer zur Fließ richtung errichtet, das Wasser zu langgezogenen Stauseen auf staut. Nur das Ennskraftwerk St. Pantaleon, die siebente Anlage der Ennskraftwerke AG, ist ein Umleitungs-Kanalkraftwerk. Hier wird die Enns durch ein Wehr etwa 10 m hoch aufgestaut; das Triebwasser wird über den fast 7 km langen Oberwasser-Kanal zum Krafthaus umgeleitet und über den Unterwasser-Kanal direkt in die Donau abgegeben. Aus Gründen des Landschaftsschutzes wird im Gebiet der Stadt Enns knapp unterhalb der Eisenbahn brücke ein Hilfswehr errichtet werden, welches die in das alte Flußbett abgegebene Restwassermenge fast 3 m hoch aufstaut und einen 1,5 km langen Stausee im Bereich der Stadt schafft. In Losenstein wurde zum erstenmal beim Ausbau der Enns ein Kraftwerk direkt im unmittelbaren Ortsbereich errichtet. Diese Lage wurde wegen der günstigen geologischen Verhältnisse und dem lückenlosen Anschluß an die ober- und unterliegenden Staustufen der Kraftwerkskette gewählt. Dies verlangte vom Tech niker die Bewältigung schwieriger Aufgaben, da im engen und tiefen Flußtal das Krafthaus mit den beiden Maschinensätzen errichtet und die Wehranlage so dimensioniert werden mußte, daß auch die Abfuhr der größten Ennshochwässer gewährleistet ist. Vom Architekten aber erforderte dieser Bau eine besonders einfühlende Planung und sorgfältige Ausführung; Liegt doch das Kraftwerk inmitten des idyllischen Ortes Losenstein, umrahmt von der romantischen Ruine im Vorder- und den Ennstalbergen mit dem Schieferstein im Hintergrund. Eine wesentlich und vorteilhafte Änderung des Ortsbildes erfuhr die Ortschaft Reichraming, im Rückstauraum des Kraftwerkes Losenstein gelegen. Der tiefgelegene Ortsteil entlang des alten Bachbettes wurde abgebrochen und auf dem erhöhten Gelände neu errichtet. So entstand ein neuer Ortskern mit modernen Gewerbe- und Geschäftsbetrieben und neuzeitlichen Wohnhäusern an staubfreien Straßen. Die künstlich geschaffenen Stauseen bieten unterschiedliche Bilder: Einerseits die schmalen Gebirgsstauseen von Ternberg, Losen stein, Großraming und zum Teil auch von Rosenau, umgeben von teils bewaldeten, teils felsigen Berghängen, und anderseits im Alpenvorland liegende Stauseen der Kraftwerke Staning, Mühlrading und St. Pantaleon mit ihren relativ großen und ruhigen Wasserflächen und teilweise flachen Ufern und Auen. Vom Ein griff der Technik in die Natur ist hier nichts mehr zu merken, die neu entstandenen Ufer wurden in ihrer Bepflanzung den na türlichen Ufern angepaßt. Die neuen Stauseen bieten reichliche Möglichkeiten für die Ruder- und Segelbootsportler. Tiefgreifend sind die Veränderungen in der Tierwelt. Bei den Fischen sind diese bedeutend, weil in den Stauseen durch ihre größere Wassertiefe und verringerte Fließgeschwindigkeit andere Lebensbedingungen herrschen als früher im Wildwasser der Enns. Daher wurde ein ausreichender Besatz mit jenen Fischarten durch geführt, für welche die neugeschaffenen Stauseen einen geeigneten Lebensraum bieten. Ein wahres Vogelparadies wurden die Stauräume von Staning und Mühlrading und in jüngster Zeit der Stausee des Kraftwerkes St. Pantaleon. Wegen ihrer stellenweise nur geringen Tiefe ergeben sie sowohl für Schwimmvögel als auch für andere Vogelarten reichliche Nahrungsplätze und damit günstige Lebensbedingungen. Eine wesentliche Voraussetzung war aber auch die Veränderung des Kleinklimas an den Stauseen, das durch die größeren Wasser mengen und das nur langsam fließende Wasser milder und aus geglichener wurde. Die Landschaft im Ennstal wurde durch die Stauseen und die Kraftwerksbauten weitgehend verändert. An die Stelle des rau schenden und wilden Ennsflusses sind die langgestreckten stillen Stauseen mit ihren Erholungsräumen getreten, und wo einst Schiffer und Flößer ihre gefährliche Flußfahrt ausführten, spiegeln sich heute steile Ufer im ruhigen Wasser. Sicherlich wird in Zukunft auch die Atomkraft in Österreich eine Rolle spielen; sie wird aber aus verschiedenen Gründen die Wasserkraft nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können. Dies bedeutet, daß der Bau von Wasserkraftwerken weiter forgesetzt werden muß. Wissenschaft und Technik müssen die Probleme der Wasserkraftnutzung in engster Zusammenarbeit lösen, wobei die ideellen Werte des Natur- und Landschaftsschutzes nicht außer Betracht bleiben dürfen. Es gibt in Österreich genügend Beispiele, — und da sind die Bemühungen beim energiewirtschaftlichen Ausbau der Enns besonders hervorzuheben — welche von dieser Zusammenarbeit Zeugnis ablegen. 49

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