Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 1/2, 1965

gelkopftyps" dar. Für diese Wallfahrerkirche des hl. Leonhard ihm zu Ehren man schon in gotischen Tagen zwei Hufeisen ans Tor genagelt hat - bietet sich ein Datum. Vielleicht kam die Nordtür zugleich mit der neuen Glocke 1512 in Verwen dung. Leider befindet sie sich in schlechtem Erhaltungszustand, da sie allzulange an der Nordseite der Witterung ausgesetzt war. Das Holz der Tür ist mit Blech überzogen, und darüber breitet sich in vitaler Wucht und seltenem Reichtum der Aus stattung der Liliendekor. Seine Prachtentfaltung wurde zwei fellos durch die Eingänge der Leonhardi-Wallfahrten ermög licht. Zusammen mit den Sakristeitüren von Braunau stellen diese Türen den Höhepunkt des dynamischen Donauschulstiles in der Eisenkunst dar. Ob sich im Schärdinger Bezirk etwa die vorzüglichen Beschläge von St. Florian zu einer größeren Gruppe zusammenstellen ließen, harrt noch der Untersuchung. Zweifellos stammen beide Türen trotz ihrer Verschiedenheit aus einer Werkstatt, wohl aus Schärding. Das fließende Doppelgeäst der Bänder steht weithin allein: Einmal mit Lilien, einmal mit Blumen büscheln und Eicheln, in Dreier- bis Fünfergruppen an die Bänder gesetzt mit vereinzelten Abspaltungen. Sie sind auch schon nach 1500 entstanden. Tarsdorf, wenn auch nicht von derselben Hand, weist einige Ähnlichkeiten auf. Schon vom Schatten des Abstieges bestimmte Beispiele zwin gen, von einer kraftlos und unsicher gewordenen Endgotik zu sprechen. Die Spalttechnik ist aufgegeben, und das mechani sche Ansetzen der Lilien wirkt im Lande des großartigen //Vogelkopf -Beschlages doppelt dürr, temperamentlos und sparrig; wo noch Lilien verwendet werden, sind sie entspre chend verblüht, so daß sie eher Kreuzen gleichen, als den so vielfach variierten und so unvergleichlich beliebten Lilien der gotischen Blütezeit. Hierfür sind die Westtüren von Kirch berg wie von Geiersberg typisch. Schließlich muß auch die Roßbacher, wenn auch noch mit Scheibenverwendung, hier genannt werden. Das bloße Ansetzen an Stelle des Abspal tens bringt reichere Beispiele ins Hintertreffen, die zeitlich noch gar nicht zur Endgotik gehören. Hierher gehören viele oberösterreichische Beispiele östlich des Hausrucks. Doch gilt dies auch für viele Beispiele aus Niederbayern, wie für die Reisbacher Salvatorkirche und vereinzelt für das Innviertel selbst. Nicht nur um Ried sehen wir endlich wie in Mettmach und Mehrnbach (zweimal), aber auch in Burgkirchen, Gstaig, Aspach, Geretsberg und anderen Orten Türbeschläge, die auf Lilien verzichten und nun bloße ungezierte Bänderbeschläge aufweisen, die sich gerautet, quadratisch gegittert oder parallel angeschlagen zeigen. In St. Georgen am Fillmannsbach werden die Felder der Rauten mit Lilien besetzt. Sie dienen mehr der Sicherheit, als daß sie schmückende Funktion erfüllen würden. Und nun zu Braunau mit seiner Hochform der Donauschule! Die Stadt gibt die Führung noch nicht aus der Hand. Ihre beiden Sakristeitore der Stephanskirche werden zu den Haupt beispielen des Donauschulstiles überhaupt und die verfolgbare Krönung dieser Werkstätte. Zur Verwendung von Ilgen und Ziernägeln sind nun die Schellen hinzugekommen. Mit drei Dutzend Großen und Kleinen läßt sich ein Flimmerlicht er reichen, das erlaubt, an Altdorfer zu erinnern. Dieser horror vacui paßt gut in die Zeit um 1515 (Baudatum der Kirchen sakristei). Sein erregendes Geheimnis ist ohne Vergleich. Weder in Bayern drüber dem Inn noch im Traun- und Mühl viertel, wo Schellen wenigstens je einmal auftauchen, hat man es verstanden, sie auszuwerten. In diesen Beispielen vollendet sich die Braunauer Werkstätte wie der Donauschulstil der Eisenkunst. Gewiß ist diese getroffene Reihung in erster Linie aus dem Stilgefühl heraus entwickelt, aber sie ist doch gestützt von dem einzig Sicheren: der Verwendung der Spalttechnik. Auch gibt es Beispiele genug, die immer wieder zwanglos Parallelen mit der Hochkunst erlauben. Wenn zum Teil stilistisch etwas verschleppt, so ist doch eine Entwicklungsreihe feststellbar. Sie scheint mir für die Donauschule sogar am leichtesten zu gewinnen. Der Referent war schon 1950 von ihrer Tatsache voll überzeugt. Es ist zu hoffen, daß eine Arbeit, die den bayerischen Raum als Ausgangsbasis nimmt, die so wün schenswerte Ergänzung brächte, die dann das Hauptthema,da sich meine Arbeit für Bayern fast nur auf Buchabbildungen stützen kann, erhellen körmte. Vielleicht wird sich, was ich nur vermuten kann, in ihr etwa auch ein Beispiel für den „Weichen Stil" gewinnen lassen. Ich meine: die Wallfahrts kirche „Zu Unserer Lieben Frau am Marienberg", unweit von Ruprechtsberg (Bezirksamt Vilsbiburg, Niederbayern). Durch diese erhoffte Arbeit müßte dann auch vor allem das „Insel problem des Inntalstiles der Innviertier Donauschule entschie den werden. Der Hinweis auf Taubenbach, Gambach, Grongörgen und viele andere Orte auf der Inntalseite des Land kreises Griesbach und Pfarrkirchen gelegen, macht den „Inn talstil" soviel wie ausgemacht'". Zu der Situation um 1500 wäre noch zu bemerken, daß die Spirale am Nordtor in Hart (bei Pischelsdorf) vom Rustikalen her die Urbanen Beispiele Braunaus ergänzt, daß sich jedoch in beiden eine arteigene Renaissance im Aufgreifen heimischer romanischer Beschlagsformen (Spiralen) ausspricht. Eine der blendendsten Ergänzungen bringt für diese Strömung die Kir chentür in Dörnbach vor den Toren von Linz. Sie ist ein ganz vereinsamter und der beste Vertreter dieser Geistesströmung: so sind „Dreischenkel" wie im romanischen Pürgger Beschlag zu sehen. Auch der Zugring in seiner Torsion (Eisen um den Kernstab) ist nicht gotisch, sondern wie an den burgundischen Leuchtern in Heiligenkreuz in Seilform gedreht, in seiner Enge wieder ganz romanisches Formgut. Die Blumen und Sterne, abwechselnd in einem Streumuster verbunden, sind sonst nirgends zu finden. Man hat wohl die Tür bei einem Linzer Meister in Auftrag gegeben, als die Außenkanzel ent stand. Diese trägt die Datierung 1501. „Maria zum guten Rat" zu Dörnbach war eine Wallfahrerkirche und konnte sich so diesen für das östliche Oberösterreich auffallend reichen Beschlag leisten. Für die Donauschulströmung haben wir auch durch dieses Stück keinen Beleg für Oberösterreich östlich der Traun. Nur allein die romantische Komponente der Donauschulkunst würde in diesem Vergleich durch das Dörnbacher Beispiel blendend belegt. Diese bestehende Parallele würde dann nicht nur erlauben, auch von einem Donauschulstil in der Eisen kunst im östlichen Teil Oberösterreichs zu sprechen, sondern ebenso die stilistischen Merkmale erweitern. Dies jedoch sind Fragen, die nicht allein auf dem Boden der Eisenkunst aus getragen werden können. 'Hier lassen sich beachtliche Reihen aufstellen, die alle das Thema der Lilie variieren und gewisse Gruppenbildungen deut lich erkennen lassen . " Otfried Kastner: Eisenkunst im Lande ob der Enns, 1. Auflage, Linz 1954, S. 47, 49. Otfried Kastner: Eisen immerdar. Graz 1951 (Kunsth. Teil). '' Günther Hermann Neckheim: Vom ehrsamen Kunsthandwerk der Schmiede, in Kärnter Bauernkalender 1961, ferner in Kärnt ner Volksblatt: Kirchliche Kunstschmiedearbeiten der Neuzeit, Klagenfurt 1964. " Jetzt im Linzer Schloßmuseum, Linz, dat. 1481. " Alfred Stange: Deutsche Malerei der Gotik, Band 11, MünchenBerlin 1961, S. 107. 'Sie schweigt zu diesem Thema, weil keine Unterlagen vor handen sind. " Otfried Kastner: Zwei gotische Innviertler Torbeschläge, in Chr. Kstbl., Linz 1964, S. 24—25. 'Otfried Kastner: Eisenkunst, Linz 1961, S. 32, 42. Für diesen Hinweis (r. Februar 1965) bin ich Bezirksheimat pfleger Dr. Hans Bleibruner und dem liebenswürdiger Weise vermittelndem Kreisheimatpfleger Theodor Heck für die Schlie ßung meines Fragenkomplexes ganz besonders dankbar ver bunden. 47

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