Oberösterreich, 14. Jahrgang, Heft 3/4, 1964

Fenster der „Acht Seligpreisungen" von Georg Meistermann (Deutschland) in der Werktagskapelle ERICH WIDDER Mit Aufnahmen des Autors DieTheresienkirche zu Linz-ein Dokument Wir stehen den Werken unserer Zeit so nahe, daß wir nicht leicht Sicheres über ihre Wirkung in der Zukunft sagen können, aber ihren Ausgangspunkt kennen wir genau: unser Leid und unsere Hoffnung. Und sind nicht die dauerndsten Werke am meisten immer von ihren jeweiligen Gegen wärtigkeiten geprägt? Das Wort des deutschen Kirchenbaumeisters Rudolf Schwarz führt uns in medias res, wenn er sagt, man könne „heute schon übersehen, welchen Weg der Kirchenbau in diesen Jahrzehnten gegangen ist und wahrscheinlich auch weiter gehen wird. Es war, als wir begannen, eine ganz einfache Sache und ist es eigentlich bis heute geblieben, aber sie hat sich reich entfaltet. Konnte man vielleicht damals noch der Meinung sein, die Kirche sei der Abendmahlssaal und sonst nichts, so hat sich diese inzwischen als ein liebenswürdiger Irrtum erwiesen. Aber was wir ganz anfangs schon glaubten, das hat sich bestätigt: daß die Kirche ein Weltraum ist, der von unabsehbarer Inkarnation erfüllt ist. Hier entspringt Welt jungfräulich aus Gott. Hier beginnt die Erde, Sein heiliger Leib zu werden .. Möglichkeiten zeichnen sich in solcher Sicht für einen neuen Kirchenbau ab, die natürlich bei weitem die Notwendigkeit übersteigen, bei der wir zunächst verweilen wollen, gewisser maßen den Baugrund für das neue Werk näher bestimmend. Die große Kirche der Kleinen heiligen Theresia, die mit ihrem hochragenden Turm die Keferfeldsiedlung bekrönt, ist die Antwort auf die stürmische Siedlungsbewegung, von der dieses freundliche Großstadtrandgebiet seit Jahrzehnten erfaßt ist. Und sie hat Vorgängerinnen in dieser bewegten, allzu bewegten Zeit. Vor einem halben Jahrhundert hatten sich schon die Wohnbauten für die Eisenbahnbediensteten und für die Arbeiter der Solofabrik in dieses bäuerliche Vorland der Stadt Linz geschoben, der Errichtung einer Schule folgte bereits im Jahre 1913 die erste Kirchenbauplanung. Aber Weltkrieg und Inflation machten sie zunichte. 1928 bekam die Pfarre Leonding, der das Gebiet zugehörte, in Johann Haudum einen neuen Pfarrer, der sich die Errich tung einer Seelsorgestelle in diesem Raum besonders ange legen sein ließ. Die Gottesdienste wurden zunächst in der Schule und dann im Getreidekasten des Fischergutes in der Pollheimerstraße gehalten. Ein Jahr später konnte der Grund für einen Kirchenneubau erworben werden, der am 10. März 1930 nach den Plänen von Hans Schachermayr begonnen wurde und am 12. Oktober desselben Jahres nach Fertigstellung die kirchliche Weihe erhielt. Es war ein einfacher, neu barocker Saalbau mit vier Achsen, mit niedrigem eingezo genem Chor, hohem Giebeldach und Dachreiter. Das Keferfeld diente dann im Jahre 1938 zur Ansiedlung der Umsiedler aus St. Peter im Osten von Linz, das im Zuge der Errichtung der nachmaligen VÖEST-Werke Industriegebiet wurde. Am 1. Oktober 1941 wurde die Filiale zur Kooperator-Expositur erhoben, der erste Expositus, Gottfried Mayr, wirkte hier vier schwere Jahre. Während dieser Zeit, am 27. Dezember 1944, wurde die Theresienkirche durch Bombentreffer völlig 14

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