Oberösterreich, 12. Jahrgang, Heft 1/2, 1962

We/s, Schloß Eisenfeld aus dem 17.Jahrhundert,neu erbaut 1700, mit Empirefassade des 19. Jahrhunderts. serreihe westlich der Schmidtgasse gehörte. Die Nordostecke der Stadt blieb auch in späteren Jahrhunderten, in denen sich bereits Vorstädte entwickelten, unverbaut. Die Situierung von Klöstern und Pfarrhöfen im Anschluß an die Stadtmauer ist ebenso in anderen Städten nicht selten. Von den Gründungsstätten wäre hier Freistadt mit seinem Dechanthof zu nennen, aber vor allem Wiener Neustadt. Um 1500 fanden sich entlang der Stadtmauer fast keine bürger= liehen Häuser. Dafür sind außer der Burg und anderen landes= fürstlichen Gebäuden vier Klöster und Kirchen, eine Reihe von Benefiziatenhäuser und einige Adelshäuser an ihr erbaut worden. In der Gründungszeit um 1200 fehlen diese Häuser noch. Besonders aufschlußreich ist es, daß diese Verbauung die gesamte gefährdete Ostseite umfaßte, während sich an der Südseite nahe dem Westturm nur das Kapuzinerkloster und auf der Nordseite neben dem Tor die Peterskirche befand. Man hat also an strategisch wichtige Punkte nicht nur die Bttrg und landesfürstliche Gebäude, sondern auch kirchliche Bauwerke gesetzt, die ja nach mittelalterlicher Anschauung Kammergut des Landesfürsten waren. Sie wurden ebenso wie seine eigenen Gebäude in die Verteidigungszone einbezogen. Josef Mayer, der Verfasser der Stadtgeschichte von Wiener Neustadt, vertrat die Ansicht, daß sich die erste Burganlage in der Nordwestecke nahe der Pfarrkirche befunden habe, je= doch sei sie bald an die heutige, strategisch wichtigere Stelle verlegt worden. In Wels hat man die Burg nicht verlegt. An der gefährdeteren Nordwestecke bauten dafür die Herren von Polheim ihre Burg. Die Burg Wels befand sich zuerst im Besitz der Grafen von Wels=Lambach und war vom 13. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts landesfürstlich. Die Landesfürsten, die meist zugleich deutsche Kaiser waren, hatten freilich nicht in Wels ihre ständige Residenz. Infolge des schwierigen Verkehrs= und Nachrichtenwesens war die persönliche Anwesenheit der Für= sten in den verschiedenen Landesteilen jedoch immer wieder notwendig. Außerdem gehörten zu ihren Burgen Besitzungen, deren Erträgnisse in der Zeit der vorwiegenden Naturalwirt= Schaft an Ort und Stelle verzehrt wurden. Urkunden aus dem Mittelalter und noch aus dem 16. Jahrhundert zeigen, wie oft die einzelnen Landesfürsten in Wels weilten. Ihre häufige Anwesenheit an einem Ort wirkte sich naturgemäß in ver= schiedener Hinsicht aus. Am deutlichsten wird sie bei der Ver= leihung von Privilegien, also von Vorrechten gegenüber ande= ren Orten. Wels hat eine ganze Reihe solcher Privilegien ge= meinsam mit anderen landesfürstlichen Städten in Oberöster= reich erhalten. In der Pancharte, dem Freiheitenbuch der Stadt, sind nicht weniger als 40 aufgezeichnet, die nur Wels allein betrafen. Von diesen wurden 30 zur Hebung des Wirtschafts= lebens der Stadt allein erteilt, während andere Vorrechte die Stellung der Stadt hervorhoben, was zum Teil aber auch wirt= schaftliche Vorteile brachte. Auf eine engere Bindung an den Landesfürsten geht das seltene Vorrecht, mit rotem Wachs siegeln zu dürfen, und die Erlaubnis, neben dem Stadtrichter einen Bürgermeister haben zu dürfen, zurück. Auch die Tat= Sache, daß im 16. Jahrhundert verhältnismäßig viele Welser das Recht bekamen, ein bürgerliches Wappen zu führen oder gar in den Adelsstand erhoben wurden, darf hier genannt werden. Die Verwaltung der Burg und der Herrschaft Burg Wels lag in Händen der Vögte und Pfleger. Unter den Vögten des Mit= telalters finden wir solche, die auch Ratsherren der Stadt wa= ren, und Adelige. Die Vögte besaßen natürlich mancherlei Möglichkeiten, der Stadt zu nützen, auch wird man damit rechnen müssen, daß sie Welser Handwerker und Kunsthand= werker beschäftigten und Stiftungen an Welser Kirchen er= richteten. Nachweise lassen sich augenblicklich aber, mit Aus= nähme der Freskenstiftung Christoph Hohenfelders für die ehemalige Barbarakapelle, heute Kriegerdenkmal (Sigmar= kapelle), jedoch nicht erbringen. Allerdings wird die Bedeu= Wels,„Herminenhof"mit Stuckfassaden aus dem 18.Jahrhundert. Beide Fotos Widder I 44

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