Oberösterreich, 12. Jahrgang, Heft 1/2, 1962

WILHELM GOTTING Die technische Aufnahme der Burgruinen in Oberösterreieh Die Burgenpflege umfaßt zwei Aufgabengebiete: erstens die wissenschaftliche Erforschung, und zweitens, wenn es der Bau= zustand noch zuläßt, die Erhaltung der Mauern, Türme und Gebäude. Beiden Aufgaben dient die genaue Abmessung der Burgen, denn gute Pläne vermitteln ein klares Bild von der Lage und Größe der historischen Wehr= und Wohnbauten. Der Gedanke, sich für eine sorgsame und genaue Einmessung der Burgruinen einzusetzen, kam in Oberösterreich über einen Umweg zustande. Im Winter 1951 richtete die Kommission für Burgenforschung der österreichischen Akademie der Wis= senschaften an die oö. Landesbaudirektion ein Schreiben mit der Bitte um die Beistellung eines Zeichners. Es hieß darin unter anderem; „Die Erstellung der Herrschaftsverzeichnisse bedeutet eine Aufgabe für Jahre, die nur vom Oö. Landes= archiv gelöst werden kann. Wesentlich rascher dürfte die An= läge der Situationsskizzen 1:1000 gelingen. Die Unterlagen dazu liegen im Zentralmappenarchiv, und es wäre nur ein Umzeichnen der dortigen Pläne auf den Maßstab 1:1000 not= wendig, um für die Bauaufnahme und Baualterpläne die er= forderlichen kartographischen Hilfsmittel zu gewinnen." So leicht und verlockend billig diese erste Burgenplanaktion aussah, sie bewährte sich nicht, denn bei so manchem schon arg verfallenen öbjekt war in der Katastermappe statt einem kleinen dürftigen Grundriß ein Schutthalde= oder Steinbruch= zeichen eingetragen. Dieser erste Mißerfolg trug sicher we= sentlich dazu bei, daß in öberösterreich von nun an der tech= nischen Abmessung der Burgruinen ein wirkliches Augenmerk zugewendet wurde. Die Baugruppierung und auch die Flächenausdehnung einer Burg oder einer Burgruine lassen sich am leichtesten richtig und anschaulich durch einen Grundrißplan darstellen. Die Fuß= punkte der Mauern und Gebäudeecken sind in diesem Plan mit Höhenkoten versehen. Daß neben der Grundrißaufnahme auch der Geländedarsteh lung annähernd die gleiche Sorgfalt gewidmet wurde, dient nicht nur dazu, den Burggrundriß lebendiger zu gestalten,son= dem dem Bearbeiter ging es darum, möglichst augenscheinlich und eindringlich auf die Tatsache hinzuweisen, daß die Um= rißgestaltung einer Höhenburg in einem innigen Zusammen= hang mit dem Gelände des Burgberges steht bzw. gestan= den hat. Zu dem Grundrißplan gesellen sich Pläne von Gebäudeschnit= ten, Ansichten, Stockwerkspläne und meistens noch einige oder manchmal auch mehrere Einzelpläne von noch erhaltenen Baudetails, wie zum Beispiel von Türmen, Toren, Fenstern und so weiter. Wie entsteht nun so ein Burggrundrißplan? Die Meßarten und deren Genauigkeit, mit welcher eine Burgmessung zur Durch= führung gelangt, werden vom gewählten Planmaßstab be= stimmt. Zum Beispiel bei einem Verhältnis 1:100, das heißt 1 cm Plan bedeutet 100 cm in der Natur, wird die Messung maßreicher und mit größerer Sorgfalt durchzuführen sein als bei einem kleinen Planmaßstab. Ein kleiner Maßstab verein= facht die Messung bedeutend, denn es ist nützlich, in der Natur nur so viele Maße und Punkte aufzunehmen, als diese in den Plänen noch gezeichnet und kotiert werden können. In Öberösterreich wurde für die Burgaufnahme der M a ß = Stab 1:100 gewählt. Diese Wahl läßt sich leicht be= gründen, wenn man bedenkt, daß ja auch heute noch die bau= reifen Hochbaupläne in Österreich und in den meisten Nach= barstaaten in diesem Maßstab gezeichnet und den verschiede= nen Baubehörden zur Begutachtung oder zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Steinburgen, das kann niemand bestreiten, sind oder wa= ren Hochbauten im wahrsten Sinne des Wortes. Ist der verbaute Durchmesser einer Burg größer als 150 m, dann ist es zweckmäßig, für den Hauptplan den Maßstab 1:200 zu wählen, weil sonst das Planformat zu unförmig aus= fallen würde. In diesen Fällen wird zusätzlich ein Grundriß= plan ohne Geländedarstellung im Maßstab 1:100 gezeichnet. Bei der technischen Aufnahme einer Burg berühren sich zwei Fachgebiete: A. Die Abmessung der meist winkeligen Gebäude, Türme, Ringmauern, Geschoßhöhen, Keller, Stockwerke, Stiegen, Ge wölbe, Decken, Rauchfänge, Fenster, Tore, Türen, Dachstühle usw. ist eine hochbautechnische Aufgabe. B. Die planmäßige Erfassung der Lage der Mauern und Ge= bände zueinander und die Abmessung des Geländes in= und außerhalb der Burg ist eine messungstechnische Aufgabe. * Die Höhenburgen von öberösterreich stehen auf Bergkuppen, Bergrücken oder auf einem Felsgrat. Die wehrtechnisch ungün= stige Hanglage kommt nur selten vor (z. B. Falkenstein, Alt= pernstein). Von 26 Höhenburgen, die ohne Ausnahme alle auf gewach= senem Fels stehen, liegen die Messungen vor. Die Felslage dieser steinernen Höhenburgen lockt zu einer kurzen Betrach= tung, obwohl diese vielleicht nicht ganz zum Thema paßt. Wurde also in einer bestimmten Landschaft ein Höhenburg= platz gesucht, so wurde der Felsberg hiefür bevorzugt, ja es kann sogar mit einiger Sicherheit behauptet werden, daß für den Bau einer Steinburg das Felsvorkommen eine notwendige 10

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