Der Sauschneider Kaspar Schiffner († 1797) und seine Bibliothek.

219 müsse die Bibliothek versteigert werden, damit dies geschehen könne, müsse aber vorher das Bücherverzeichnis der Zensurbehörde vorgelegt werden. Dies habe ehestens zu geschehen (1. Juni 1797). Am 21. Juni desselben Jahres wandte sich jedoch die Witwe Schiffner an das Kreisamt und beschwerte sich darüber, dass die Herrschaftsverwaltung die Bü- cher hinwegführen wolle und wirklich schon 21 Bände mitgenommen habe, wo- rüber zunächst ein Schein ausgehändigt worden war, den die Herrschaftsbeam- ten dann aber wieder zerrissen hätten. Da sie und ihr Mann ein gemeinschaftli- ches Vermögen besessen hatten, gehörten auch die Bücher vollberechtigt zur Hälfte ihr, und der Abtransport durch die Herrschaft sei deshalb eigenmächtig. Sie bittet, das Kreisamt wolle die Herrschaft Steyr ermahnen, die Bücher in ihrem Hause zu belassen, und wenn es zu einer Versteigerung kommen sollte, diese in ihrem Hause durchzuführen. Das Kreisamt verfügte hierauf an das Oberamt der Herrschaft Steyr, dass die Bücher wohl vom Hause der Witwe fortgebracht wer- den sollten, da dort kaum ein Käufer gefunden werden könne, dass dies jedoch nicht zum Nachteil der Bittstellerin ausfallen dürfe, es sollte ein ordentlicher Ka- talog verfasst und an die Bücherzensurkommission in Linz eingesandt werden. Erst dann könne die Versteigerung vorgenommen werden. Dies geschah auch, und zunächst wurden die Bücher von einem Schreiber der Herrschaft, der dafür eine Abschlagszahlung von einem Gulden und 8 Kreuzern erhalten hatte (am 15. Dezember 1797) und schließlich für die Reinschrift 14 Gul- den bekam (8. November 1798), verzeichnet. Schließlich wurde der Wert der Bü- cher durch zwei Schatzmeister festgesetzt, die dafür nicht in barem Geld ent- lohnt wurden, sondern mit je einem Exemplar des Geschichtswerkes von Valen- tin Preuenhuber, den „Annales Styrenses“, entlohnt wurden. 4 Die beiden Schätz- meister dürften also historische Interessen gehabt haben, eines der beiden Werke war überdies ein handschriftliches Exemplar. Die Anzahl der Bücher, die man ursprünglich mit etwa 3000 angegeben hatte, wurde bei der Katalogisierung dann genau bekannt: Es handelte sich insgesamt um 3596 Bände! Das ist für eine Privatbibliothek der damaligen Zeit eine enorme Anzahl, bedenkt man etwa, dass selbst Gelehrte meist keine zahlenmäßig derart umfangreiche Büchersammlung besaßen. Als Beispiel sei nur der Mondseer Be- nediktinerpater Raphael Kleinsorg erwähnt, der in Salzburg als Professor am dor- tigen Gymnasium wirkte und mehrere Werke unter anderem auf dem Gebiete der Geographie verfasst hat. Er hinterließ bei seinem Tode als Pfarrer von Eber- schwang im Innviertel eine Bibliothek von etwas über 2000 Bänden. 5 Kaspar Schiffner aber war von Beruf ein Sauschneider und als solcher Angehöriger der 4 Zu diesem Werk vgl. Karl Eder, Ein Reformationshistoriker: Valentin Preuenhuber, in: Zeitschrift für deutsche Geistesgeschichte 3 (1937), 95 ff. und Anna Coreth, österreichische Historiographie des Barock 1620—1740, Wien 1950, 131 f. 5 Vgl. Renate Neubert, Beziehungen zwischen dem Stift Mondsee und der Salzburger Benediktiner- Universität, phil. Diss. Wien 1967, 94.

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