Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

243 aufgehobenen Kapuzinerklosters die Grundherrlichkeit, das dominium directum (die Abforderung der grundherrlichen Gebühren) überlassen, nicht aber das dominium utile (der wirkliche Genuss, Befugnis zur Disposition, Vermietung, Veräußerung); Garsten habe wohl das grundherrliche Recht nicht ausgeübt aus Schonung gegen die Mendikanten, werde es aber ausüben wollen, wenn der Grund in Privathände ge- kommen sein werde. Der Religionsfond könnte allerdings jetzt für den Augenblick teurer verkaufen, wenn die grundherrliche Gabe nicht bestünde, anderseits aber würden dem Stift Garsten wichtige grundherrliche Einkünfte entgehen, welche zu Kapital geschlagen in der Folge weit beträchtlicher sein dürften als die jetzige Ver- minderung der Kaufsumme. Später würden ja ohnedies die Stiftseinkünfte mittels der Abbes Commendataires zum Bedürfnis des Religionsfonds verwendet werden. Am 26. September 1786 kaufte Andreas Eberstaller, bürgerlicher Handelsmann in Steyr, das Klostergebäude um 6125 fl.; geschätzt war es auf 2500 fl. von der Stadt Steyr Werkverständigem, von der Stadt Linz Baumeister auf 1800 fl. Dem Religions- fond hatte es bis zum Verkauf nur 72 fl. Zins für den verpachteten Garten abgewor- fen. Die Räumung des Klosters erfolgte erst nach dem Verkauf. Die Realitäten blieben bei der Familie Eberstaller bis 1864. Durch weitere Ver- käufe gelangten sie 1891 an Leopold Werndl. Das Besitztum trägt heutzutage die Nummern 5 und 7 Garstenstraße. „Wie ein Schloss liegt die Villa Werndl in ihrem herrlichen Parke, ein prächtiges Marmorportal, das die reiche Abtei Garsten schmückte, führt aus dem Garten in das Gebäude, in dem einst arme Kapuzinermönche wohnten. Es ist zu einer komfortab- len Villa umgebaut und nur noch in einem Teile sind Spuren des alten Baues bemerk- bar, der dort eine offene Halle gegen den Garten zu gebildet haben dürfte. Die Kirche des 1786 aufgehobenen Klosters wurde abgerissen, das Kreuz, welches vor ihr stand, ist noch erhalten, fromme Hände schmücken es." (Schmidel, „Steyrer Zeitung" 17. Jänner 1904.) 60. Das Kapuzinerkloster und das Karmelitenkloster in Linz. Die Vor- stadtpfarren St. Matthias und St. Josef. Der bei den Kapuzinern im Weingarten errichteten St. Matthiaspfarre wurden 417 Häuser mit 5792 Seelen zugewiesen, der St. Josefspfarre an der Karmeliterkirche 305 Häuser mit 4396 Seelen inklusive St. Peter in der Zizlau; der Stadtpfarre verblieben 365 Häuser, 6035 Seelen. Nach bischöflicher Anordnung dd. 3. Mai 1785 sollten die beiden Vorstadtpfarren am Pfingstsonntag in Amtstätigkeit treten. Am 2., 3., 4. Mai nahmen die Karmeliter zum ersten Mal an der Bittprozession teil, am 14. Mai, Pfingstsamstag, hielt Kanonikus Sutter als Pfarrer bei St. Josef die erste pfarrliche Funktion, die Taufwasserweihe in der Sieben-Schmerzenkapelle. Die Dienste leisteten 5 Kar- meliter; an diesem Tag gingen sie zum ersten Mal, wie es ihnen befohlen worden war, in Schuhen und erschienen in den Beichtstühlen mit Rochet und Stola. Unter dem 13. Mai präsentierte Treml die zu Kooperatoren gewählten Kapuziner dem

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