Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

102 Die Bibliothek und das Archiv wurden in die Exjesuitenkanzlei überbracht (Auf- trag dd. Linz 17. Juni 1782), der Katalog war am 6. Juni nach Wien gesendet, von der Hofbibliothek aber nichts gewählt worden. Dem Gebäude war teilweise eine Bestimmung schon gegeben: es war Kirchen- depositorium geworden, es wurden dahin alle aus aufgehobenen Klöstern und ge- sperrten Kirchen oder von Bruderschaften abgeführten Preziosen und Effekten zu- sammengebracht, um von da aus verteilt oder versteigert zu werden. Der übrige Teil des Gebäudes wurde, wie schon erwähnt, zum Priesterhaus angetra- gen. Die kaiserliche Entschließung vom 9. Dezember 1782 gab Auftrag, über die räum- lichen Verhältnisse des Gebäudes zu diesem Zweck zu berichten. Die Regierung hatte den Theologieprofessor Himmelreich gebeten das Rektorat zu übernehmen gegen Kost und Wohnung und dieser hatte sich dazu bereit erklärt, eventuell auch zur Zah- lung eines Kostgeldes. Über Ersuchen der Regierung lieferte er eine Beschreibung des Klostergebäudes und ein Gutachten über die Verwendbarkeit zum Priesterhaus, Inspektor Stöger dazu die Risse. Das Gebäude schien durchaus geeignet, insbeson- dere wegen des großen schönen (Gemüse-)Gartens. Die Sache kam aber nicht recht in Gang. Durch die Errichtung des Generalsemi- nars in Wien wurde die Linzer Priesterhausfrage vorläufig ausgeschaltet. Das Exkarmeliterinnenkloster wurde ein Warenhaus, ein Magazin. Als unter dem 22. August 1785 der Bischof (der neu errichteten Diözese Linz) anzeigte, dass mit Ende des Schuljahres 10 Alumnen aus dem Generalseminar aus- treten und ins Priesterhaus kommen sollten, musste Vorkehrung für deren Unter- bringung getroffen werden. Das Priesterhaus zu Enns war am 20. Dezember 1784 um 2800 fl., die Fahrnisse um 47 fl. 13 kr. verkauft worden, der Betrag samt Seminareinrichtung (13 Betten) und den im Land ob der Enns vorhandenen Stiftungen für Theologiestudierende per 30.340 fl. 58 1/2 kr. und den Kapitalien des Priesterhauses zu Enns per 25.530 fl. wurde an den niederösterreichischen Religionsfond auf Rechnung des Generalsemi- narfonds übertragen. Von Wien aus kam die Entscheidung, dass die aus dem Seminar austretenden jungen Priester eventuell in das leerstehende Exkarmeliterinnengebäude gebracht werden sollten. Dieses stand nicht leer, sondern war mit Waren angefüllt. Nun war aber auch das ehemalige Jesuitenseminar bei der Exjesuitenkirche von seinen Zög- lingen geräumt worden (Hofdekret dd. Wien 26. Jänner 1785 verfügte die Auflas- sung des Studentenseminars und Verwandlung der Stiftung in Handstipendien). Die Kaufleute waren es zufrieden, wenn das leere Exjesuiten-Seminargebäude ihnen als Magazin eingeräumt würde (30. September), hingegen wehrte sich (1. Oktober 1785) der Direktor des Priesterseminars Kanonikus Schwarzenbach, in dieses mit Ungeziefer angefüllte Haus zu ziehen (es war auch zur Unterbringung delogierter Parteien bei Hochwasser- und dergleichen Kalamitäten gebraucht wor- den), und nachdem kommissionaliter erhoben worden war, dass in dem Exkarme- literinnenkloster die Waren konzentriert, das Warendepositum abgesondert und

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2