OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

45 Der Holzfälleralltag vergangener Tage – mit eingeschlossen auch dessen musischer Output – ist vergleichsweise gut dokumentiert. So schildern etwa Quellen aus dem oberösterreichischen Salzkammergut bzw. aus Deutsch-­ Mokra in der Ukraine2 den Ablauf einer Arbeitsperiode, der sich, hier etwas gestrafft geschildert, wie folgt darstellt: „Ins Holz“ gegangen wurde meist für eine Woche. Dabei schlossen sich die Holzknechte zu einer sogenannten ,Pass‘ bzw. ,Partie‘ zusammen, welche einem Meisterknecht unterstand. Vielleicht wurde gelegentlich schon beim Hinmarsch in denWald gesungen – denkbar wäre ev. das Lied „Ja de Holzknechtbuama müaßen früh aufstehn“ –; von allen bekannten Gewährspersonen bleibt es jedoch ungenannt. Im Holz angekommen, begann die eigentliche Arbeit, die naturgemäß aus dem Fällen der Bäume, deren Entastung und dem späteren Ziehen der Stämme bestand. Wenn der Holzknecht zur Arbeit geht, dann geht er „ins Holz“. Kommt er nicht mehr zurück, was gelegentlich zutrifft, dann ist dies, anders als bei jenen, die „ins Wasser“ gehen, unfreiwilliger Natur. Das Holzknechtleben, das einstige wie das gegenwärtige, hat nichts Lustiges, nichts Romantisches und Verklärendes an sich, wie es uns das Volkslied weismachen will. Das Holzknechtdasein bestand und besteht in schwerer, gefährlicher Arbeit, und auch die von vielen Unwissenden so gerühmte Tätigkeit an der frischen Waldluft relativiert sich angesichts der stundenlangen abgasträchtigen Hantierung hinter dem Fichtenmoped.1 Wer sich heute als Musikologe mit Leben und Tätigkeit der Holzknechte beschäftigt, der sollte sich vorweg im Klaren darüber sein, dass ebendiese Holzknechte weder zum Holzhackermarsch von Josef Franz Wagner (1856–1908) in den Wald spazierten noch während der Arbeit sogenannte „Holzknechtlieder“ sangen oder pfiffen. Die musischen Ausdrucksformen „im Holz“ beschränkten sich auf diverse Kommandos und Rufe, die zur allgemeinen Verständigung unerlässlich waren. Was jedoch auf dem Weg zur Arbeit oder nach dieser gesungen wurde, das könnte – was immer es gewesen ist – im weitesten Sinn als Holzknechtlied bezeichnet werden, auch wenn es thematisch meist völlig anderen Inhalts war. Aus dem Leben der Holzknechte Zur salzkammergütlichen Gefahren- und Alltagsbewältigung „im Holz“* Von Klaus Petermayr * Wesentlich erweiterte Fassung des gleichnamigen, in der Zeitschrift Vierzeiler (2011, Nr. 2) des Steirischen Volksliedwerkes abgedruckten Beitrags. 1 Fichtenmoped = Fachjargon für Motorsäge. 2 Dorthin wanderten im 18. Jahrhundert Holzarbeiter aus dem Salzkammergut aus. Vgl. dazu allgemein etwa Stephan Gaisbauer/Hermann Scheuringer (Hg.): Karpatenbeeren. Bairisch-österreichische Siedlung, Kultur und Sprache in den ukrainisch-rumänischenWaldkarpaten. Linz 2006.

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