OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

131 der Gesellschaft zu beschränken habe. Dieser Anschauung entsprach es auch „hüben und drüben“,6 mit der Gewährung einer öffentlichen Hilfe gewisse diskriminierende Folgen zu verbinden. Aus der Zeit der Geltung des – mehrmals geänderten – Heimatrechtsgesetzes kennen die Älteren unter uns noch die Armenhäuser der Gemeinden, immerhin die Vorläufer unserer heutigen Alten- und Pflegeheime, sie kennen noch die Einrichtung der Armenväter, die mit dem Bürgermeister und dem Ortspfarrer den Armenrat als Armenbehörde der Gemeinde bildeten und ihr Amt unentgeltlich versahen, es ist ihnen noch der Heimatschein, die Bestätigung über das einer Person in einer Gemeinde zustehende Heimatrecht, vertraut, manchen auch die Heimatrolle, die Vorläuferin der heutigen Staatsbürgerschaftsevidenz. Die Gemeinde hatte ihre Heimatberechtigten im Verarmungsfall zu unterstützen. Eine Art der Armenpflege war Jahrzehnte mit diesem Thema befassen und viele ihrer Leser durch ihr Wirken in Volkskultur und Heimatpflege Träger des Heimatgedankens in der Praxis sind. Diese benötigen nicht Worte, die sie als Belehrung von inkompetenter Stelle (miss-)verstehen könnten, sondern verdienen Anerkennung. Daher beschränkt sich der auf den Heimatort bezogene Teil dieser losen Gedanken auf eine Art von „Recht auf Heimat“, das mit politischen Forderungen von aus ihrer Heimat Vertriebenen in aller Welt nichts zu tun hat, sondern ein mageres Institut der Armenversorgung war, das nur noch alten Menschen oder Kennern des Sozialwesens geläufig ist, das Heimatrecht in der Heimatgemeinde Das österreichische Heimatrecht – auch Deutschland und die Schweiz hatten eine vornehmlich der sog. Armenpolizei dienende Heimatrechtsgesetzgebung5 – hatte im Heimatrechtsgesetz 1863 bis zur Übernahme des, damals fortschrittlichen, deutschen Fürsorgerechts die Funktion eines, bescheidenen, Anspruches auf Armenversorgung, der schon deshalb vordringlich war, weil selbst nach der Einführung einer Kranken- und Unfallversicherung – 1887 und 1888 – die große Zahl der Landarbeiter davon ausgenommen war. Die Armenversorgung hätte somit ein breites Auffangnetz sein müssen. Vorhergegangen waren Regelungen, die bloß die Abschaffung fremder Vagabunden und Bettler sowie Fragen der Stellungspflicht zum Ziel hatten, dies ganz im Sinne der Überzeugungen des „klassischen“ Liberalismus, wonach sich der Staat jener Zeit auf die innere und äußere Sicherheit 5 Sehr instruktiv auch für den Nichtjuristen die bis ins Altertum reichende Darstellung der Entwicklung „von der Armenpolizei zur Sozialhilfe“, bei der das Heimatrecht als Instrument des „Armenwesens“ mit dem Entstehen der absolutistischen Territorialstaaten im 17. Jahrhundert den Gemeinden überantwortet wurde: Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht III. 4. Auflage 1978, S. 266 ff. Die Ablösung des „austrifizierten“ deutschen Fürsorgerechts in Österreich erfolgte durch Ländergesetze des Jahres 1973, in OÖ. durch LGBl Nr. 66/1973. Dieses wurde durch das Oö. Sozialhilfegesetz 1998 ersetzt. Die in Ausarbeitung befindlichen Gesetze für eine bedarfsorientierte Mindestsicherung sollen dem durch die Finanzkrise beförderten Steigen von Armut und sozialer Gefährdung gegensteuern. 6 Diese Worttrias entstammt einer Attacke von Karl Kraus im Jahre 1932 auf die Sozialdemokratie in Österreich und in Deutschland, durch deren Politik der Aufstieg Hitlers – unwillentlich – begünstigt worden sei.

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