OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

107 Monate später, am 19. Januar 1919, brachte sie die gemeinsame Tochter Vera zur Welt. Kurz nachdem Vera noch im Säuglingsalter verstarb, zog es Franta – nun kein Kriegsgefangener mehr, sondern von den Bolschewiken zum freien Bürger erklärt – in die Ferne. Gemeinsam mit Zinajda konnte er mehrere Monate auf Schiffsreisen in den hohen Norden verbringen, bevor sich das Ehepaar schließlich entschloss, sich einem organisierten Heimkehrertransport in Richtung Österreich anzuschließen. Rückkehr nach Linz: Hans Franta imOberösterreichischen Kunstverein Im Juli 1921 kehrte Franta nach knapp siebenjähriger Abwesenheit in seine Heimatstadt Linz zurück. Pressemitteilungen wie „laut eingelangter Nachricht ist der Dampfer ‚Kiew‘ am 2. Juli mit 65 Österreichern, ‚Herbert Horn‘ mit 1200 Heimkehrern aller Nationen von Petrograd, ‚Bagdad‘ am 3. Juli mit 1750 Österreichern abgegangen“ sowie regelmäßige Zeitungsberichte über den Verbleib dieser Transporte erweckten bei den Angehörigen Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.40 So konnte Antonia Franta ihren Sohn, der mit seinen 28 Jahren weißhaarig aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, am 25. Juli auf dem Bahnhof erwarten. Frantas Transport, über Stettin und Passau kommend, war einer von sechs, nützte die Zeit der Gefangenschaft, um verschiedene berufliche Möglichkeiten auszuloten und sich auch als Maler in diversen Techniken zu versuchen. Nicht weniger als fünf Ausstellungsbeteiligungen konnten ihm in der sibirischen Stadt Tomsk nachgewiesen werden, er muss dort Hunderte von Werken geschaffen haben. Dieses Œuvre, ausdrucksstark und vielfältig, noch vollkommen frei von akademischen Zwängen und Konventionen, belegt das natürliche künstlerische Talent des Autodidakten Franta. Außergewöhnliche Phantasie beflügelte nicht nur sein kreatives Schaffen, sie half ihm auch, in dieser schwierigen und oft turbulenten Zeit zu überleben. Die vielen Berufe, die er ausübte, die ungewohnten Erlebnisse und allem voran die einzigartige Natur Sibiriens prägten ihn nachhaltig, und es waren diese Eindrücke, die ihm noch Jahrzehnte später Sujets für seine Bilder boten. In privater Hinsicht stellten die Jahre in Tomsk für Hans Franta ebenfalls eine – ungeahnte – Bereicherung dar. Bald knüpfte er mit der lokalen Kunstszene enge Kontakte, durch diesen Austausch mit etablierten Künstlern konnte er sich nicht nur kreativ weiterentwickeln. Er lernte auf diese Weise auch die „breite russische Seele“ zu verstehen und zu schätzen. In Frantas eigenen Worten hatte er „die besten Freunde (…) unter den russischen Malern, welche die prächtigsten Kameraden waren und halfen, wo sie nur konnten“.38 Fernab von den anhaltenden Kampfhandlungen an der Front fand Franta in Sibirien auch die große Liebe; im April 1918 ehelichte er die aus Weißrussland stammende Zinajda Nikolaevna Stavrovitch nach orthodoxem Ritus.39 Neun 38 Hans Franta, Welt und Heimat (ill. Beilage zur Linzer Tages-Post) Nr. 16, 21. 4. 1934, S. 10–11 39 Sie wurde am 11. 3. 1989 in Kiewitchi in der Minsker Region geboren. Stadtarchiv Linz, Heimatkartei, Hans Franta 40 Tages-Post Nr. 152, 7. 7. 1921, S. 5

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