OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

227 Wien, erzählt seinem Brieffreund von einer wunderlichen Phantasmagorie: nämlich der Gründung einer Künstler- und Wissenschaftler-Kolonie, einem Tuskulum am Traunsee – ein veritabler locus amoenus: „Ein närrischer Gedanke heckt den andern aus. Ein solches Ehepaar – nein, zwei, drei, vier solche Ehepaare möchte ich an einem schönen See haben, z. B. dem Traunsee, der so reizend aus schönem Hügellande ins Hochgebirge zieht. Dort baue ich zwei, drei Landhäuser fast altgriechisch einfach, mit Säulenreihen gegen den See, nur durch einen schönen Blumengarten von ihm getrennt. Aus dem Garten führen zehn breite Marmorstufen zu ihm hinunter, wo unter Hallen die Kähne angebunden sind, die zu Lustfahrten bereitstehen. Der Garten hat Glashäuser für die Tropengewächse – sie sind ganz aus Glas, mit eisernem Gerippe, nur äußerlich mit einem Drahtgitter gegen den Hagel überspannt. – Auch ganz gläserne Säle fehlen in ihm nicht, daß man, wie in der Laterne, mitten in der Paradiesesaussicht schwebe. Von dem Garten wieder auf zehn Stufen steigt man zum Landhause, das den Eintretenden mit einer Säulenrundung empfängt. Diese Rundung ist durch Glas zu schließen, hat an der Hinterwand Sitze, und rings stehen dunkelblättrige Topfpflanzen, als da sind: Oleander, Kamelien, Orangen usw. Zwischen diesen glänzen Marmorbilder.“ … „In diesem Tuskulum nun wird gelebt und eine Schönheitswelt gebaut. Der Himmel segnete die Ansiedlung mit Weltgütern (sonst hätten sie die Landhäuser gar nicht erbauen können), und keiner der Männer ist an ein sogenanntes Geschäft gebunden, das ihm die allerschönsten Lenau taucht den See in ein dämonisches Licht – der Traunsee als unheimlicher locus terribilis. Für Adalbert Stifter hatte das Salzkammergut eine besondere Faszination. Wir denken an die Erzählung „Der Hagestolz“, deren Hauptschauplatz ebenfalls im Gebiet von Traunkirchen – auf einem Inselkloster – lokalisiert werden kann, und an „Bergkristall“, die Weihnachtsgeschichte mit den zwei verirrten Kindern im toddrohenden Gletschereis des Dachsteins. Aber auch im Bildungsroman „Der Nachsommer“ sind wichtige Szenen im Salzkammergut angesiedelt: Der junge Naturforscher und Geologe Heinrich Drendorf verbringt wiederholt Studienaufenthalte im Echerntal bei Hallstatt als Sammler von Mineralien (Vorbild: der Dachstein-Forscher Friedrich Simony), und er unternimmt sogar eine Winterbesteigung des Dachsteins (wie Simony). In der frühen Künstlererzählung „Feldblumen“ (1841/1844) bildet der Traunsee den glücklichen Ort des endgültigen Zusammenfindens des enthusiastischen Künstlers Albrecht und seiner Geliebten, der wunderschönen, intelligenten Angela, nach einer langen Odyssee mit Wiener Künstlerfreunden vom Almsee über das Tote Gebirge, durch das Ausseer Land bis Hallstatt und Gmunden am Traunsee. Die Erzählung ist ein kleiner Tagebuch- und Briefroman, in dem in Jean Paulschem Gefühlsüberschwang alle komischen Irrungen/Verwechslungen und Wirrungen einem in den Pyrenäen weilenden Malerfreund berichtet werden. Die Hauptfigur: Der zunächst etwas weltschmerzlich angehauchte Maler Albrecht, in seinem Dachstübchen in

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