OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

114 Art nachzudenken. Das Nebeneinander von Levallois-Technik und konventioneller Abbaumethode von Artefakten eröffnet eine neue Betrachtungsweise der Silexbearbeitung des Neandertalers. Zum jetzigen Zeitpunkt der Forschung ohne ausreichende stratigrafische Befunde stehen mehrere Möglichkeiten im Raum: 1. Die „modern“ bzw. jungpaläolithisch geprägten Geräte in Ernsthofen und auf der „Berglitzl“, insbesondere Kratzer und Kerne, lagen jeweils ursprünglich in einer Schicht über den Funden des Levallois-Moustérien und wären demzufolge als „jünger“ in das Aurignacien einzuordnen. Diese Stücke treten bedingt durch die vielfältigen Umlagerungsprozesse des Würm-Hochglazials, aber auch durch die Beackerung und Baumaßnahmen der Neuzeit, heute chen Gesteinsanalysen zumindest teilweise sichtbar gemacht werden kann. Im Kern geht es um die Frage, ob und wie die Neandertaler vermeintlich moderne Techniken bei der Herstellung ihrer Geräte und Waffen aus Stein angewendet haben. Von der Lösung derartiger Fragen aus einem Teilbereich der materiellen Kultur erwartet man Rückschlüsse auf den Wissensstand und die technischen Fähigkeiten unserer Vorfahren. Auch will man der – bereits erwähnten – Frage näher kommen, ob sich Neandertaler und Cro-Magnon-Mensch begegnet sind und ob es dabei zu einem Technologietransfer gekommen ist. Besonders die eindeutig mittelpaläolithischen Inventare von der „Berglitzl“ an der Donau und Ernsthofen im niederösterreichischen Teil des Ennstales laden förmlich dazu ein, über Probleme dieser Abb. 7. Artefakte vom Rebenstein in Laussa, Bezirk Steyr, OÖ. 1 Kratzer aus Quarzit, Länge: 6,9 cm; 2 Levallois-Abschlag aus Quarzit, Länge: 5,0 cm.

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