OÖ. Heimatblätter 1967, 21. Jahrgang, Heft 3/4

waren Gegensätze, deshalb konnten sie sich gut ergänzen. Stifter neigte zur Beobachtung und Darstellung, Aprent zur Ausgestaltung der Ideen der Dinge („des Geistes, der in ihnen wohnt"). Bis in die körperliche Konstitution der beiden zeigt sich die Gegensätzlichkeit ihrer Eingliederung in die Welt. Wenn der Totenschein Stifters als Todesursache „Leber schrumpfung" angibt, so die Sterbematrik bei Aprent als ebensolche die gegenteilige Erkrankungstendenz desselben Organs: „Leberentartung". 4 Die Philosophie Johannes Aprents darzustellen, ist in diesem Rahmen nicht möglich, auch nicht in ihren äußersten Umrissen. Diese Philosophie erwuchs organisch aus den „Gedanken über Erziehung und Unterricht" (2. Ausgabe, Leipzig 1878). Sie wandte sich von da zu den Fragen des sittlichen Lebens überhaupt in der Schrift „Das Menschenleben in seiner sittlichen Erscheinung" (Leipzig 1878). Diese Schrift empfahl, vor seinem Tode, der Stifter-Verleger Gustav Heckenast seinem Nachfolger Rudolf Drodtleff mit den Worten: „Das gute Buch sollte der heranreifenden Jugend ein treuer Wegweiser werden, ein Sittenratgeber - ein gewissenhafter Lehrer für alle Zeiten. Im überhasteten Gewühle und Gedränge der heutigen Zeit scheint aber Aprents Menschenleben, nachdem weder Verleger noch Autor die große Trommel der Reklame schlugen,fast ganz vergessen worden zu sein und mit großem Unrechte, denn es verdiente die volle Beachtung aller Kreise." So konnte in der damaligen Zeit ein so ernstes Buch als „Volksbuch" herausgegeben werden 1 Es trug als Motto das Wort Spinozas: „Alles ist gut, was fröhlich macht." Den Gipfel aber erklomm Aprents Weltanschauung in der zu Linz - in stiller Zurückge zogenheit-Ostern 1891 abgeschlossenen „Die Geschichte des Menschen / Ein Beitrag zur Begründung einer umfassenden und einheitlich abgeschlossenen Ansicht von der Welt und dem Leben" (96 Seiten, Leipzig 1891). Dieser sein Versuch, den tiefsten Gedanken, die ihn zeitlebens beschäftigt haben müssen - denn sie setzen durch sich selbst eine sehr lange Reife und Erfahrung voraus -,eine abschließende Gestalt zu geben, krönt Aprents schriftstellerische Entwicklung. Stifter sah sie als in ihm liegend voraus.'" Er führte als Autor und Stifter-Herausgeber den Vornamen Johannes, so daß, wenn die Neuausgabe der Stifterbiographie ihn um das e s verkürzt, dies nicht in seinem Sinne ist. Auch setzt es in Erstaunen, wenn ein so verdienter Gelehrter wie der Herausgeber der Stifterbiographie in seiner Würdigung Aprents dessen soeben genanntes Hauptwerk nicht nennt und offenbar nicht kennt. Uns geht hier die Frage an, ob der Wert der Gedanken des Denkers ihre Mitteilung und Besprechung verdient. In einer Abhandlung „Johannes Aprent, der Philosoph von Stifters ,Sittengesetz'" (Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1960, S. 301-330) hat sich der Verfasser erlaubt, die Forderung nach einem Neudruck der „Geschichte des Menschen"zu erheben, und er wiederholt sie hier. Das wäre der Empfehlung Stifters selbst gemäß! Es kann zwei Gründe geben, die für den Verfasser sprechen. Der eine ist die Annahme, Stifter schrieb am 23. Dezember 1865 an Adolf Freiherrn von Kriegs-Au: „In Linz ist außer dem Umgange mit meiner Gattin mein Höchstes freundschaftliche Gespräche mit Aprent, Lehrer an der Oberrealschule, einem Mann des weitesten Blickes in alle Höhen menschlichen Lebens und dabei des reinsten, zartesten, wärmsten Herzens. Schade, daß es seiner Überbescheidenheit willen nicht gelingt, ihn zur Schriftstellerei (vorzugsweise zur philosophierenden) zu bewegen. Er hat nur Kleinigkeiten gemacht, aber Juwele, und ferner schade, daß dieser Geist und dieses Herz nicht selber schaffend und leitend auf einer größeren Wir kungsfläche steht. Mir ist er schon früher, besonders aber in meiner Krankheit, die er wie die mildeste Wärterin hätschelte, unschätzbar bedeutend geworden."

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