OÖ. Heimatblätter 1967, 21. Jahrgang, Heft 3/4

Es ist bekannt, daß man einst zur Versorgung des Verstorbenen auch in dem recht materia listisch gedachten Jenseits Lebensmittel ins Grab legte oder diese auf dem Grabhügel auf stellte oder sogar Mähler am Grab veranstaltete, an denen der Tote gewissermaßen persönlich teilnehmen konnte"^^. Noch aus dem 19. Jahrhundert ist z. B. aus dem Valsugan bezeugt, daß die Verwandten zu Allerseelen in hölzernen Schüsseln Speisen auf die Gräber stellten und diese dann am folgenden Tag mit der Bemerkung „Die Toten wollen nicht essen" den Ortsarmen schenkten^®. Diese Speisung wurde einst aber auch den exhumierten Schädeln in den Beinhäusern zuteil, wie ein Visitationsbericht von 1656 aus Garsten über die in der Pfarre Gaflenz angetroffenen Verhältnisse ausweist: Es sind vill bey 140 Schüsseln von holz unterschiedlicher färben im tottenhäußlgefunden worden,in welchen man vor zelten abends selbigen (d. h.den Schädeln) allerley speiß fürgesetzt hat^^. Neben diesen den Toten für ihren Lebensunterhalt in einem nachirdischen Dasein darge brachten Spenden kennen Vergleichende Volkskunde und Religionswissenschaft Grabbei gaben, deren Symbolcharakter bzw. Vorbildwirkung nicht einen täglich zu erneuernden Lebensunterhalt, sondern eine effektive Auferstehung ausdrücken oder sichern sollen. Dabei spielt das in der Auferstehungssymbolik an erster Stelle stehende Getreide die Hauptrolle; konnten die Ackerbau treibenden Völker doch seit Jahrtausenden in ewiger Wiederholung erleben, wie das herangereifte Getreide geschnitten wurde („starb") und als in die Erde ver senkte Saat (Bestattung) naeh einer bestimmten Anzahl von Tagen in Form des neuen Keim lings wieder auferstand. Die Mythen der größten vorderasiatischen und ägyptischen Götter von Attis und Adonis bis Osiris^® sind naeh diesem Sterben und Wiederauferstehen des Getreides orientiert. Aus dem altägyptischen Totenbrauch kennt man Belege, daß in den Grabkammern Gefäße mit Getreide aufgestellt wurden. Es gab solche Behälter in der Form eines menschlichen Körpers,in die Erde gestreut und Getreidesamen gesät wurden,um durch das Aufkeimen derSaat das Wiederauferstehen des toten Gottes Osiris zu symbolisieren,dessen Vorbild auch für den verstorbenen Menschen wirksam werden sollte. Die bekannten „Gärten des Adonis",in später Nachwirkung auch die bei einigen osteuropäischen Völkern gebräuch lichen und seit dem zweiten Weltkrieg manehmal auch bei uns durch die in unseren Volks verband aufgenommenen Gruppen von Volksdeutschen eingebürgerten Auferstehungssymbole der weihnachtlichen und österlichen Tellersaat (des sogenannten „Barbara-" und „Luzienweizens"), haben hier ihre ideelle Begründung. Und nun sind aus dem nö. Niederösterreich für diese Tellersaat Schalen bekannt, die an M. Murko, Das Grab als Tisch, Wörter und Sachen II. 1910, 85 ff., und E. Burgstaller, Allerseelen- und Martinsgebäcke,Ulm 1968 (in Druckvorbereitung). Näheres darüber in Verf. Allerseelengebäcke. "Heimatgaue XV., 184 f.; Nachdruck in Verf., Schädelbemalung 84. Daß auch Wein aiifgestellt wurde, be zeugen die romanischen Tonkrügelchen, die aus Ausgrabungen im dortigen Friedhof an das städt. Museum in Langenlois gelangten. Zum Getreide als Auferstehungssymbol s. insbes. Ph. Rech, Inbild des Kosmos Salzburg 1966.II 467ff; zum Problem des Osiris als Korngott,den Adonisgärten und anderen mit der Getreidesymbolik in Verbindung stehenden Vorstellungen s. insbes. J. G. Frazer, Der Goldene Zweig. Leipzig 128, 497 ff., 550 ff. u. a. O. Wie sehr diese Vorstellungen bis in unsere Tage nachwirken,zeigt nicht nur die schottische Mythe von „Hans Gerstenkorn", sondern auch die Zentralfigur im Maskenaufzug beim Mühlviertler „Rauhnachtsingen", der im getreidebehangenen Mantel auftretende „Hans v. Fessakom", der (- Fesel = eine heute abgekommene Weizenart -) eigentlich „Hans Weizenkorn" heißt (Atlas von Oberösterreich, Erläuterungsband 2, Linz 1960, 194 f.; Abb. 102).

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