OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

\.Villvonseder: Das Mondseeland in urgeschichtlicher Zeit Urgeschichtsforschung angeschnitten. Die erste Anregung, in Seen der ehemaligen österreichisch-Ungarischen Monarchie nach Pfahlbauten zu suchen, ging, wie man heute weiß, mittelbar oder sogar unmittelbar von dem Schweizer Gustav von Morlot aus, der im Jahre 1846 „Geologischer Commissar" des vom Erzherzog Johann gegründeten „Geognostisch-Montanistischen Vereins für Innerösterreich und das Land ob der Enns" geworden war. Nach Auflösung des Vereins kehrte Morlot 1851 in die Schweiz zurück, wurde dort Professor für Geologie und Mineralogie in Lausanne, wandte sich jedoch 1854 von diesen Disziplinen ab und der Archäologie und Prähistorie, hauptsächlich aber der Pfahlbauforschung zu. 1863 weilte Morlot nochmals in Österreich, um die Ausgrabungen am Salzberg in Hallstatt zu besichtigen. Bei dieser Gelegenheit begab er sich auch an einige Seen in Oberöstereich und Kärnten, nachweislich an den Wolfgangsee und wahrscheinlich auch an den Mondsee. In dem Referat über den Vortrag, den Morlot in der Geologischen Reichsanstalt in Wien über die Schweizer Pfahlbauten hielt, heißt es: ,,Sie kommen fast in allen Seen der Schweiz zahlreich vor, selbst in den kleinsten des Tieflandes und müssen nach Herrn v. Morlot's Ansicht nothwendig auch in den Ostalpenseen zu finden sein"20 ). Zu einem Rundschreiben der k. k. Zentralkommission für die Erforschung der Kunst- und historischen Denkmale äußerte sich Vinzenz Maria Sueß, der Gründer des Museums Carolino-Augusteum in Salzburg, er glaube „Pfahlbauten in jenen Seen suchen zu dürfen, in deren Nähe man schon bedeutende Funde von Überbleibseln aus der Bronzezeit fand und noch bis dato findet, daher rücksichtlich des Mondsees und des Wolfgangsees die Hoffnung nicht so leicht aufzugeben sei" 21 ). Im Sommer 1864 forschte der Wiener Geologe und Ichthyologe R. Kner in den Salzkammergutseen nach Pfahlbauten, hatte aber keinen Erfolg, obwohl er, wie sich später zeigte, an mehreren Stellen gewesen war, an denen man einige Jahre nachher Pfahlbauten entdeckte 22 ). Am Mondsee scheint Kner nur das Ufer zwischen St. Lorenz und Scharfling abgefahren zu haben. Dort fand er eine nicht näher bezeichnete Stelle, die nicht einmal der ihn begleitende Fischer Leitinger gekannt hatte, wo „im Umkreis von 1/4 Joch viele 100, ja vielleicht ein paar Tausende scheinbare Pfähle, die meisten ½ bis 1 Fuß über dem Boden", sichtbar waren. Der Apotheker Rudolf Hinterhubei; in Mondsee, ein bekannter Botaniker und „mehrerer gelehrter Gesellschaften Mitglied", untersuchte einige dieser Hölzer und stellte Eiche und Fichte fest. Als Kner an den Attersee gefahren war, beschäftigte sich Leitinger näher mit dieser Örtlichkeit. Dabei soll festgestellt worden sein, daß die meisten „Pfähle" in Wirklichkeit Baumwurzeln waren, wovon sich später auch Kner überzeugte. Es ist aber auch von unten zugespitzten Pfählen ,, ½ Fuß dick" die Rede, die man aus dem Seegrund gezogen hat. Leitinger fand außerdem einen „grob behauenen Nagel aus Eichenholz", der aber verloren ging. Vermutlich handelt es sich um jene Stelle in der Bucht westlich Schwarzindien, wo F. Angerer (1927) ein „Gewirr von Pfahlresten" fand, die aber als sog. ,,Fischerstecken" erkannt wurden 23 ). Solche Pfahlgruppen 101

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