OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

Fröhler: Zur Geschichte der Schule und des Schuldramas der Jesuiten in Steyr Und doch kann die äußere ruhige Entwicklung nicht über die von außen kommende geistige Unruhe hinwegtäuschen. Die Einübung der Geschichte, auf die der neue Lehrplan stärkstes Gewicht legte, führte zur Veranstaltung sogenannter historischer Akademien, die von den Schülern der einzelnen Klassen veranstaltet wurden und bei denen sie die in diesem Fach erworbenen Kenntnisse zu zeigen hatten. Am Schluß des Schuljahres wurden öffentliche Prüfungen abgehalten, bei denen die Besten prämiiert wurden 63 ). Wohl diente die Bühne noch als Exerzierplatz des Geistes, doch war sie auf dem besten Wege, ihrer ursprünglichen Bedeutung entkleidet zu werden. Sie war nur noch das äußerliche Bindeglied zwischen dem Einst und Jetzt. Die Schauspieltätigkeit der letzten zwei Jahrzehnte (genauer von 1739 - 1762) ist eigentlich nur als ein Versuch zu betrachten, durch weitgehende Konzessionen an den neuen Geist so viel als möglich vom alten zu retten. In diesem Sinne ist wohl auch der Bericht des Jahres 1754 zu verstehen, wo es heißt, daß die Schüler der Rhetorikklasse, außer den internen mathematischen Übungen viermal vor vornehmen und hochwürdigen Zuschauern Streitgespräche abhielten, die sie auf Grund eines vom Professor bezeichneten Themas selbst verfaßt hatten 64 ). Es wird hier der Versuch unternommen, die neue Art der Prüfung, wie sie der Lehrplan vorschreibt, nach althergebrachter Weise zu dramatisieren. Doch entsprechen solche Versuche dem Zeitgeist der Aufklärung in keiner Weise. Er drängt nach radikalerer Lösung: nach strenger Unterscheidung zwischen kirchlichem und weltlichem (politischem) Raum, auf Trennung von Kirche und Staat. Als erstes mußte das Schuldrama diesem neuen Zeitgeist weichen. Die alte Tradition des Schultheaters war ohnedies schon zum Schema geworden, dem der lebendige Geist der früheren Jahre fehlte. Das Drama hatte seine Bedeutung, die ihm einst als übungsfeld zukam, verloren, da es durch die lehrplanmäßig vorgeschriebenen Übungen und Prüfungen ersetzt worden war. Die zum Schema erstarrte Tradition ist nicht mehr stark genug, schöpferische Kräfte auf den Plan zu rufen, und man greift daher nunmehr wieder auf alte bewährte Stoffe, vielleicht sogar Stücke zurück. Ein Blick auf die Liste der für das letzte Jahrzehnt überlieferten Titel zeigt uns deutlich, daß hier nicht mehr von einer fortschreitenden Entwicklung gesprochen werden kann. Die Vielfalt bei der Stoffwahl, die man trotz überwiegens gewisser Stoffgebiete immer zu wahren suchte, hat einer auffälligen Eintönigkeit Platz gemacht. Auch die Akademien, die einen Versuch darstellten, die alte Theatertradition mit dem neuen Lehrplan in Einklang zu bringen, bewährten sich offenbar nicht und können das durch kaiserliches Dekret vom Jahre 1760 aus dem Lehrplan und damit aus der Schule verbannte Schuldrama 65 ) nicht ersetzen. Noch zwei Jahre nach diesem Verbot wird von den Schülern der ganzen Anstalt zum Schulschluß ein Theaterstück gegeben und dabei werden auch Prämien verteilt (,,Sosia" 1761 und „Tragoedia Artobonus" 1762) 66 ), doch waren diese nicht mehr dem unmittelbaren Unterrichtsbetrieb entsprungen. Wie schwer die Be143

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