OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

Oberösterreichische Heimatblätter Diese bilden im folgenden Jahresbericht sein Hauptthema, denn allem Anschein nach ließen die einquartierten bayrisch-französischen Truppen an Gehässigkeit und Drangsalierung nichts zu wünschen übrig. Doch mit dem Verschwinden dieser lästigen Gäste steigt die Schülerzahl wieder an, das Drama wird mit dem gewohnten Eifer wieder aufgenommen und der Chronist führt gleich fünf Dramen mit Titel an, die im Jahre 1743 in Steyr öffentlich aufgeführt wurden: 1. Mauritius cum filiis obtruncatus, 2. Discrimen fictam veramque sapientiam in Diogene, 3. Xenocrates, 4. Cyrus quer, 5. Ericus Danorum Rex a fratre capitis exquisitus. Nach jedem dieser 5 Stücke, die als Tragödien bezeichnet werden, wurden gedruckte Namensverzeichnisse der Prämiierten verteilt, die leider nicht mehr auffindbar waren 61 ). Das gleiche Bild geben die nächsten Jahre, die ebenfalls eine Vorliebe für historische Stoffe ausweisen. Der Lehrplan, der sich bis 1738 in den seit mehr als einem Jahrhundert festgelegten Bahnen bewegt hatte, bringt nun ständig neue Anderungen, die sicherlich nicht mit Freude begrüßt wurden. Für 1746 werden nämlich auch für Steyr „experimenta ultima" erwähnt, die leider nicht genauer beschrieben werden, aber wohl in ähnlicher Form vor sich gingen wie in Linz, wo der Chronist sich etwas ausführlicher damit beschäftigt und mitteilt: Bis quoque hoc anno ex quatuor inferiorum classium discipuli lectissimi quique et Historicae notitiae, et partae lectione assiduae latinitatis specimen publicum publice praebuerunt. Es handelt sich hiebei um eine Art öffentlicher Prüfungen aus Geschichte, wie sie für Steyr auch bereits im nächsten Jahre ausführlicher erwähnt werden: Non deerant inter annum statae exercitationes ex historia, fervens Authorum praelectio, quaeque vel a gnavis discipulis aut strenuis Magistris desiderare possis 62 ). Sie werden hier schon als „die während des Jahres festgesetzten Übungen" bezeichnet und auffällig ist, daß die geschichtlichen Übungen schon vor den klassischen Sprachen rangieren. Latein, der Gegenstand, von dem aus der Unterricht zentral gelenkt wurde und dem sich alle übrigen Gegenstände als Hilfswissenschaften zuordneten, hatte seine Vorrangstellung im Lehrplan endgültig eingebüßt, und andere Fächer wie Geschichte, Erdkunde und Naturwissenschaften nahmen mindestens einen gleichen Platz ein. Damit wurde allerdings eine alte organische Einheit zerstört, wie sie nachher in der Geschichte der Schule nie mehr erreicht wurde, und der Prozeß der Aufsplitterung in zahllose Fächer trat seinen Siegeszug an und beherrscht auch heute noch weithin das Feld. Diesen Mangel auf schulischem Gebiet, den man offenbar auch deutlich als solchen empfand, suchte man auf seelsorglichem Gebiete wettzumachen. Die vier Kongregationen entfalten in jenen Jahren eine äußerst rege Tätigkeit und fast alljährlich führt der Chronist eine größere Veranstaltung irgendeiner dieser Kongregationen an. Wirtschaftliche Schwierigkeiten gab es in jener ruhigen Zeit kaum. Größere Ausgaben, wie sie die laufende Erhaltung des Kollegs und der Schule mit sich brachten, konnten leicht aus den eingehenden Schenkungen bestritten werden. 142

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