OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

Oberösterreichische Heimatblätter jedoch, solange sie nicht durch bessere Argumente, vor allem aber durch hinreichend beobachtete Funde unterbaut sind, größtenteils als romantischen Vorstellungen entsprungen, zweifelhaft oder sogar irreführend bezeichnet werden. Vorläufig bestehen nur geringe Möglichkeiten, im Mondseeland die Kulturlandschaft von der jüngeren Steinzeit an zu erkennen. Wenn R. Pittioni in seiner Besiedlungskarte der späten Jungsteinzeit Österreichs die Kulturlandschaft der Mondseekultur mit einem Flächenkolorit ausdrückt und dabei das Höllengebirge, das zu keiner Zeit besiedelt war, oder das bis heute völlig fundleere Gebiet von Innerschwand und Oberwang einbezieht 51 ) , ergibt sich ein Bild, das weder durch unsere heutige Fundkenntnis vertretbar ist, noch allgemeinen Erwägungen der geographischen Forschung hinreichend Rechnung trägt. Nach dem Zeugnis der Bodenfunde ist man einstweilen nur berechtigt, als Ökumene der ausgehenden Jungsteinzeit und der Frühbronzezeit den Ufersaum des Mondsee anzusprechen, keineswegs aber den gesamten, wobei allenfalls auch Areale, die bisher nur wenige oder keine Funde geliefert haben, wie die Glazialterrassen im Bereich des Marktes Mondsee oder die Schwemmkegel der Wangauer und der Fuschler- (Griesler-)Ache als „Primär-Produktionsgebiet" in Betracht gezogen werden können 52 ). Hält man sich an den gute Ortskenntnis verratenden Fundbericht von M. Much, so besteht kein Anlaß, das am Schafberg gefundene Steinbeil (Fundplatz 3) als Beleg für urzeitliche Almwirtschaft oder wenigstens Hochweidenutzung gelten zu lassen, welche Möglichkeit R. Pittioni andeutet 53 ). Vom Standpunkt der Urgeschichtsforschung versteht R. Pittioni unter Kulturlandschaft jene Gebiete, ,,die direkt oder indirekt durch die Siedlungstätigkeit des Menschen beeinflußt werden". Ausdehnung und Werdegang von Kulturlandschaften vergangener Zeiten zu bestimmen, gehört zu den schwierigsten Aufgaben, die an eine weitschauende historische und damit auch urgeschichtliche Forschung herantreten, da man, worauf mit Recht hingewiesen wird, ,,nur mit Hilfe einer Reihe naturwissenschaftlicher Nachbardisziplinen zu einem Erfolg zu kommen vermag" 54 ) . Daß dabei u. a. Agrikulturchemie (Bestimmung der Phosphatgehalte von Böden, Anwendung der Laktatmethode usw.), Paläoklimatologie und Vegetationsgeschichte zu ihrem Recht kommen müssen, ist eine schon längst selbstverständlich gewordene Forderung. Allerdings übersieht R. Pittioni, daß die Urgeschichtsforschung mit einer spezialisierten Betrachtungsweise, zu der zwangsläufig jede Vertiefung in landschaftskundliche Probleme führt, ihre „Welt" verläßt. Wie jede historische Disziplin erwächst auch die Urgeschichtsforschung aus der Quellenkunde; ihre Quellen sind die Bodenfunde, deren Aussagewert nicht minder verschieden sein kann als der von Schriftdenkmälern. Es ist wohl denkbar, die Ausdehnung der Kulturlandschaft einer urgeschichtlichen Kultur durch exakte Beobachtung ihrer Beziehungen zu bestimmten landschaftlichen Gegebenheiten zu erkennen, z. B. welche Bodenarten oder Höhenlagen sie bevorzugt. Diese Möglichkeiten faßt R. Pittioni unter dem Begriff „statische Siedlungskunde" zusammen 55 ). Die synthetische Betrachtung der Landschaft, die Zusammenschau aller „Welten", 106

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