OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 2

Buchowiecki: Romanische Landkirchen in Oberösterreich romanische „Versteinerungen“ in Bayern (Allerheiligenkapelle im Domkreuzgang zu Regensburg um 1150) und Böhmen auch naheliegend und durch den geheimen Hang zum Zentralbau, bezw. zur Kuppel in der bayerischen und böhmischen Gotik besonders gestützt, daß auch quadratische Räume mit achtseitiger Übereckkuppel als einst in unserem Gebiete heimisch gedacht werden dürften. Zu diesen Typen des Holzbaues treten nun solche des urtümlichen Steinbaues, der zum Großteil wohl noch immer auf den vorromanischen Kenntnissen und Gepflogenheiten beruhte und erst später, besonders unter dem Eindruck des Kampfes kirchlicher Behörden gegen das Holz als Baustoff Kulträume, dazu überging, die im Blockverband gefundenen Naumgestalten in Stein umzusetzen. Zu seinem Typenvorrat aus der Zeit vor 1000 zählte wohl der Langraum mit quadratischem oder querrechteckigem Chor, über dem bisweilen ein Ostturm sitzen konnte und an den eine halbkreisförmige oder hufeisenbogige Altar¬ nische gefügt sein mochte, weiters das vergrößerte Raumquadrat mit vier ein¬ gestellten Stützen, das in den Westwerken nordwestdeutscher Kirchen sein hohes Alter und die vermutlich vorchristliche Verwendung für den Kultbau zu erweisen scheint und das reine Rund, mit dem der urtümliche Steinbau die karolingischen Zentrallösungen aufgriff, um sie der spätesten romanischen Phase als Baugestalt für den Karner zu übermitteln. Als „Versteinerungen ursprünglicher Holzbau¬ gedanken kommen noch der Einsäulenraum, das zweischiffige Langhaus und im Hinblick auf die Allerheiligenkapelle zu Regensburg, St. Georg auf der Reichenau, St. Stephan in Werden, die Trikonchenkirchen in Köln sowie die von F. J. Lehner zusammengestellten Baugestalten der volkstümlich-romanischen Kunst in Böhmen 9) auch das von einer Achteckkuppel überragte, von vier Altarnischen verstrebte Raumquadrat in Frage. Im Zusammenhalt mit der kümmerlichen Zahl erhaltener Denkmäler mag dieses erschlossene Bild vom Gestaltenreichtum unserer Kirchen zur romanischen Zeit äußerst gewagt und verstiegen anmuten. Es sei deshalb, bevor wir auf die einzelnen Denkmäler selbst eingehen, noch einiges zur Stützung dieser Meinungen vorgebracht. Bestritten könnte vor allem das Auftreten der Zweischiffigkeit und des quadratischen Vierstützenraumes werden. Beide Baugestalten fanden aber in der späten Gotik Oberösterreichs eine geradezu hemmungslose Pflege, die tief verwurzelt gewesen sein muß und sich kaum so ohne weiteres hätte durchsetzen können, wenn man nicht schon mit derartigen Lösungen von früher vertraut gewesen wäre. Die älteste zweischiffige Kirche Österreichs, die Dominikanernonnen¬ kirche zu Imbach bei Krems (zwischen 1269 und vor 1282), die durch die Persön¬ lichkeit ihrer Stifterin, Gisela von Ort, auch mit Oberösterreich in Beziehung steht, verbürgt die alte Pflege dieser Baugestalt, das aus dem Ende des 15. Jahr¬ hunderts stammende Kirchlein zu Schlanitzen (B. H. Hermagor), dessen flache Decke einer mittleren Unterstützung durch einen Holzbalken bedarf, zeigt sie uns in noch urtümlicher Verbindung mit dem Holz als Baustoff und die zahlreichen *) Dějiny uměni národa českčho (1893). 101

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2