OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 2

Maurer: Zur Wertung der oberösterreichischen Grenzen Betrachtet man den Hindernischarakter der Grenzen, so zeigt sich die klare Überlegenheit der alpinen Grenzen. Die steirische Grenze z. B. besitzt überhaupt keine Durchgangsgrenzstrecken, welche aber in der Gesamtwertung an zweiter Stelle knapp hinter den Lückengrenzen liegen. Die durchgängigste ist ihrer Natur nach die tschechische Grenze, doch wird sie bekanntlich vom Verkehr fast völlig gemieden. Die Reihenfolge in der natürlichen Trennungskraft ist: steirische, bayrische (65,7 Prozent Stromgrenzen!), salzburgische, niederösterreichische, tsche¬ chische Grenze. Nicht das Alpenvorland mit seinen durch Diluvialterrassen ver¬ stärkten Stromhindernissen, sondern die Hochflächen des Böhmischen Massivs bieten also die geringsten natürlichen Hindernisse! Die tatsächliche Durchgängigkeit, wie sie der Bestand an Verkehrs¬ wegen und die Verkehrshäufigkeit beweisen, also der Verkehrswert zeigt aber ein ganz anderes Bild: Ob Bundes- oder Landesgrenze, ist hier entscheidender als der natürliche Hindernischarakter, denn die von den Menschen aufgerichteten Schranken sind viel schwerer zu überwinden als die naturgegebenen. In zweiter Linie ist dann für den tatsächlichen Verkehrswert wichtig, ob Anteil am verkehrs¬ freudigen Alpenvorland vorhanden ist, ob sich die Grenze quer zur herrschenden Verkehrsrichtung stellt und schließlich, ob von ihr ein einheitliches Verkehrsgebiet, wie etwa das Salzkammergut, zerschnitten wird. Die Reihenfolge ist hier: 1. salz¬ burgische, 2. niederösterreichische, 3. steirische, 4. bayrische, 5. tschechische Grenze. Für die Stellung der tschechischen Grenze ist, abgesehen von den Ereignissen der jüngsten Zeit, ganz allgemein zu bedenken, daß der oberösterreichische Durchgangs¬ verkehr in westöstlicher Richtung stets stärker war als der Nordsüdverkehr. Dies gilt seit dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft in diesem Raum und findet auch seine naturgegebene Grundlage in den vorherrschenden Streichrichtungen. Daher wurde auch zur Zeit der Monarchie die Nordgrenze Oberösterreichs nie so dicht mit wichtigeren Verkehrswegen ausgestattet wie die anderen Grenzen, die Anteil am Mittelgebirge oder Flachland haben. So wurde die Mühlkreisbahn nicht bis ins Moldautal verlängert, obwohl seit ihrer Erbauung über 30 Jahre verstrichen, bis unsere Nordgrenze zur Staatsgrenze wurde. Zur besseren Veranschaulichung seien nun die Reihungen der fünf Außen¬ grenzen nach natürlicher Durchgängigkeit (entgegengesetzt dem Hindernischarakter) Verkehrsdichte, Verkehrshäufigkeit und Verkehrswert einander gegenübergestellt: 2. n. ö. 3. Salzb. 4. bayr. 5. steir. Gr. a) Natürliche Durchgängigkeit 1. tsch. 1. Salzb. 2. n. ö. 3. tsch. 4. bayr. 5. steir. Gr. b) Verkehrswegdichte 1. Salzb. 2. n. ö. 3. steir. 4. bayr. 5. tsch. Gr. c) Verkehrshäufigkeit 1. Salzb. 2. n. ö. 3. steir. 4. bayr. 5. tsch. Gr. d) Verkehrswert Wir sehen aus dieser Reihung deutlich, wie sich die naturgegebenen Verhältnisse verschieben, in der Verkehrswegdichte aber immer noch stärker zum Ausdruck kommen als bei der Verkehrshäufigkeit und damit auch beim Verkehrswert. Aber schon bei der Verkehrswegdichte führt die Salzburger Grenze, während die nieder¬ österreichische Grenze in jeder Hinsicht den zweiten Platz einnimmt. 151

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