OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter die oben ein Querholz verband. Das Modell stellt einen Webstuhl dar, dessen Rahmen aus unbearbeiteten Baumstämmchen hergestellt ist. Stokar nimmt aber an, daß bereits in der jüngeren Steinzeit, in der die Technik der Holzbearbeitung schon ziemlich weit vorgeschritten war, der Rahmen des Webstuhls aus gut be¬ hauenen Balken bestanden haben wird. Das ist zweifellos richtig. Doch dürfen wir im Anfangsstadium wohl Webstühle aus unbearbeitetem oder doch nur wenig zu¬ gerichtetem Holz annehmen. Sie mögen gelegentlich auch noch später vorgekommen sein. Wenigstens scheint eine Darstellung auf einer schwarzfigurigen griechischen Vase auf einen Webstuhl mit sehr primitivem Rahmen hinzudeuten 2) Das obere Querholz war vermutlich eine drehbare Walze, der Zeugbaum, an dem die Längsfäden, die in der Webersprache als „Kette“ bezeichnet werden, be¬ festigt waren. Durch unten angehängte Webegewichte wurden die Kettenfäden ge¬ spannt, und zwar mehrere Fäden zugleich durch ein Gewicht. Ob man in der Urzei auch bereits Walzen an Stelle der Gewichte verwendete, ob man also neben dem Zeugbaum noch eine zweite Walze, den „Garnbaum", hatte, läßt sich vermuten aber nicht mit Sicherheit nachweisen. Wollte man ein Gewebe erzeugen, so mußte man senkrecht zu den Längsfäden Querfäden (den Einschlag) abwechselnd über und unter den Kettenfäden durchführen. Dies konnte mit dem Finger oder mit einer Nadel geschehen und war dann ziemlich mühsam. Einfacher war es, als man gelernt hatte, zwischen geraden und ungeraden Kettenfäden ein Fach zu bilden. Das geschah durch einen Trennstab, der mehr im unteren Teile des Webstuhles angebracht wurde. Natürlich konnte die Trennung der Fäden auch durch zwei Stäbe erfolgen (Abb. 1). Vorne hingen die geraden, hinten die ungeraden Ketten fäden herunter. In dem Zwischenraum zwischen beiden, dem „Fach", konnte der Einschlagfaden leicht durchgeführt werden. Er lief dann hinter den geraden und vor den ungeraden Kettenfäden. Im Gegensatz dazu mußte aber beim nächsten Stadium des Webens der Einschlagfaden jetzt vor den geraden und hinter den un¬ geraden Fäden durchgeführt werden. Das war nur möglich, wenn man die unge¬ raden åden nach vorne zog. Dies geschah durch einen zweiten Stab (den „Schaft"), der ein Stück oberhalb des Trennungsstabes angebracht und durch Schlingen („Litzen") mit den ungeraden Kettenfäden verbunden war. Er konnte nach vorne gezogen und in seitliche Schaftgabeln eingehakt werden (Abb. 2). Durch diesen Vorgang wurden auch die ungeraden, d. h. hinteren Kettenfäden zwischen den geraden Kettenfäden nach vorne gezogen und so ein zweites Fach gebildet durch das man wieder den Einschlagfaden führen konnte. Dann wurde der Schaft in seine ursprüngliche Lage gebracht und dadurch wieder das erste Fach hergestellt. Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten der Fachbildung beim vertikalen Web¬ stuhl. So führt Kimakowicz das Webegitter an, von dem er annimmt, daß es be¬ reits in vorgeschichtlicher Zeit in Gebrauch war 3) 2) Stokar, Abb. 108. 3) M. von Kimakowicz - Winnicki, Spinn- und Webewerkzeuge, Mannus-Bibliothek Nr. 2, Abb. 74. 382

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