OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Kriechbaum: Die Wallner ist ebenso wie die der Hexen immer noch groß. Da und dort berichtet auch ein alter Mann, unters wilde Gjoad (die wilde Jagd) gekommen zu sein; da mußte man sich raschestens auf den Boden niederwerfen, daß der wilde Jäger, der Teufel, meinte, sein Zug ginge nur über Maulwurfshügel dahin. Manch einer hatte auch den Teufel selbst gesehen oder wußte dies ganz bestimmt aus dem Munde seines Vaters. Meist erschien der „Schreckliche“ bekleidet mit einem grünen Jagdanzuge; statt eines Beines besaß er aber einen Geißfuß. Auch „Liachtln“, die als unerlöste Seelen gedeutet werden, haben sich dem einen oder anderen gezeigt. So stark der Konservatismus in allen Schichten vom Heidentum zum Christentum ausgeprägt ist, so selten erfährt das Triebleben, ob es sich nun um den Rauftrieb, die Trunksucht oder den Geschlechtstrieb handelt, durch das Christentum, mag man auch die Gebote äußerlich streng einhalten, eine Milderung oder Zähmung. Man hat auch an keiner Form des Schulunterrichtes eine be¬ sondere Freude. Schon von frühester Jugend auf ist die Arbeit das große Gebot der Stunde. Der doch zu weit in der Ferne liegende Nutzen des Lernens wird nur wenig beachtet. Die Zahl der nicht entschuldigten versäumten Schultage ist sehr groß. Freilich kann man da auch die weiten Entfernungen und die schnee reichen Winter zur Entschuldigung wenigstens etwas heranziehen. Das konkrete Denken. Im Brauchtum, besonders im Volks- und Christenglauben, spielt die Anschaulichkeit der Denkformen immer noch eine be¬ deutende Rolle. Sie tritt schon ganz allgemein bei jeder längeren Erzählung in Erscheinung. Gute, recht lebendig schildernde Erzähler sind noch immer sehr häufig. Da schildern zumal alte Leute und auch jüngere Frauen Ereignisse aus ihrer Jugend, aber auch vieles aus weit zurückliegender Ahnenüberlieferung so greifbar und wirklichkeitsnahe, daß man das Erzählte bildhaft vor sich sieht. Die Heiligen¬ verehrung gibt besonders schöne Beispiele dieses anschaulichen Denkens. Die Mutter Gottes hat die alten Heiligenkulte noch immer nicht verdrängt. Der hl. Sebastian ist wegen seiner Giftpfeile der Schutzpatron gegen die Pest und gegen ansteckende Krankheiten des Menschen geworden, St. Leonhard, der Gefangenen¬ befreier, wurde wegen seiner Eisenkette zum Viehpatron und St. Florian, dessen Tod durch Ertränken ein Schaff mit Wasser versinnbildet, ist der Schützer des Hauses und Hofes gegen Feuersnot. Am Leonharditage (6. November) pilgerte man freilich zu keiner St. Leon¬ hardskirche, sondern zur Mutter Gottes in die Schmolln. Die Wallfahrt zu Maria Schmolln ist noch ziemlich jungen Ursprunges (18. Jahrhundert) Sie ließ aber doch ein ganzes reiches Netz von Wallfahrerwegen entstehen, die immer stärker zu Autostraßen ausgebaut werden. Auch der geräumige Dorfplatz vor der Schmollner Marienkirche wurde zu einem langen Marktplatze mit zahl¬ reichen Gasthäusern und einer Reihe von Kaufläden mit Krambuden umgestaltet. Aber nicht nur die Heiligenverehrung und der ausgebildete Kult, dem Weihgeschenke als sichtbarer Ausdruck dienen, zeigen ausgesprochen anschaulich¬ 21* 323

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