OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter Der Kinderreichtum ist bei den Wallnern größer als bei den Gäu¬ bauern. Früher blieb das Gäu nur an Zahl der ledigen Kinder hinter dem Wald zurück. Heute hält sich die Zahl der ehelichen und unehelichen Kinder hier wie dort beiläufig die Waage, nur haben im allgemeinen die Holzknechte mehr Kinder als die Bauern. An schönen Sonntagen sieht man des Abends oft große Gruppen junger Menschen, die vom Wald her zu Fuß oder mit dem Rade ins Gäu hinaus streben. Das Waldland versorgt mithin das Bauernland im Gäu immer noch mit Menschen, mit tüchtigen Arbeitskräften. Die großen Familien, der Kinderreichtum, bewirken es, daß die Waldleute immer noch recht zusammen¬ halten. Man kann nicht nur von einer großen Gemeinschaft der Wallner, sondern von wirklichen Großfamilien einiger Geschlechter sprechen. Das Denken der Waldbauern Das Denken der Wallner kann vielleicht am besten mit drei Begriffen um¬ schrieben werden. Es ist: 1. konservativ-statisch, 2. konkret-anschaulich, 3. ökonomisch-phantasiearm. Das konservative Denken der Bewohner des Kobernauserwaldes äußert sich fürs erste in der festgefügten Haltung der väterlichen Autorität, in einem ausgesprochenen Familiensinne, vor allem aber in einer kaum zu er¬ schütternden Heimatgebundenheit. Besonders da, wo es sich um selbst¬ gerodetes Land, um einen mühsam bebauten Acker, um einen allmählich aus¬ gebauten Hof handelt, hängt der Bauer überaus stark an seiner eigenen Heimat. Er würde sie trotz Not und Dürftigkeit nie mit einem viel besseren Stück Acker¬ land, mit einer weniger saueren Wiese oder mit einem größeren Gehöft draußen im Gäu vertauschen. Selbst ferne von der eigenen Hofstatt liegende Grundstücke werden nie gegen näher oder bequemer liegende Fluren verschachert. Als man in der Zeit zwischen 1938 und 1943 einmal den Plan erwog, die Waldbauern auszusiedeln, das wenig ertragreiche Ackerland aufzulassen und den Wallnern als Gegenwert gute Böden im Gäulande zu geben, hörte man nur eine Stimme der unbedingten Ablehnung dieses Vorhabens. Man schenkte der kargen Wald¬ heimat eine besondere Liebe, man stand jeder Aussiedlung, die den Wald in seiner alten Form wieder geschlossen hätte, geradezu feindselig gegenüber. Diese konservative Denkweise äußert sich aber auch in der Erhaltung alten Volksglaubens. Über Brauchtum und Volksglauben im Kober¬ nauserwald könnte man ein ganzes Buch schreiben. Die jungen Wallner glauben zwar vieles nicht mehr; sie pflegen aber trotzdem noch immer allerlei unter¬ schichtiges Brauchtum. Bei den Alten merkt man aber klar und deutlich, daß sie fest am Glauben der Väter hängen, wenn auch immer stärkere Zweifel hörbar werden. So spielt das Anwenden bei menschlichen Krankheiten, bei Unterwuchs (Rachitis), „Wurm“ (Paneritium), Zahnweh und Rheumatismus ebenso wie bei Tieren (Ausrenken im Gelenke) noch eine große Rolle. Die Zahl der Anwender 322

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