OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 1

Frischmuth: Das Landschaftserlebnis der Salzkammergutseen (1773 —1831) ein Abendwind die schweigende Nacht des Sees in Wogen weckt, die Ihren Nachen schaukeln; wenn in der Abendschwüle die Lüfte sich durch Wetterleuchten kühlen, und der meilenweite Spiegel des Sees auf Augenblicke in Flammen steht, um die Schwärze der Nacht, die schnell dem Blitze folgt, noch mehr zu schwärzen; dann hat der Himmel Ihnen geholfen, die Höllenfahrt zu vollenden. Wenn aber auch Sie nicht so glücklich wären, diese romantische Fahrt in ihrem ganzen aben¬ theuerlichen Wesen zu thun; wenn der See ruhig wäre an seinem Spiegel, und Ihren Nachen umflösse, wie ausgegossenes Öl; so wird das Heraufblinken der Gestirne aus den schwarzen Tiefen des Sees, in den sie sich spiegeln, so wird das Heer von Lichtern aus den Häusern von Hallstadt am fernen Ufer, die sich in den Tiefen des Sees verdoppeln, so wird der Feuerstrahl, der von dem infer¬ nalen Feuer am großen Pfannhause über den Spiegel des Sees hinausfährt und ein See-Nachtstück am flammenschleudernden Vesuve bildet, Sie mit nie empfun¬ denen Gefühlen begeistern ... Mit jedem Ruderschlage, der die Stille der Nacht weckt, rücken Sie den strahlenden Lichtern in der Tiefe näher; Sie vermögen es noch nicht, das Spiegelbild in der Tiefe von der Wirklichkeit zu unterscheiden; nun fährt Ihr Nachen durch den Feuerstrom, der von den Schürlöchern des Pfann¬ hauses herausströmt; Wasserfälle hören Sie jetzt in der Ferne rauschen; nicht Grau in Graun, sondern Schwarz in Schwarz mahlt sich jetzt die Nacht, wie Sie dem Lande näher rücken; der Nachen stößt an's Ufer und der Schiffer sagt Ihnen, daß Sie am Lande sind. Wir erleben Hallstatt „Wenn Sie des Morgens (93) zum Fenster hintreten, da finden Sie sich eingeschlossen in einem Thalkessel von ungeheuern Felsenwänden, die viele hundert Klafter hoch senkrecht herabfahren in den schwarzen See, der das Thal erfüllt. Nicht eine Spanne ebenen Landes sehen Sie hier, über das Sie hinaus könnten aus diesen Himmelsmauern, und über diesen kocytischen See. Schön ist er, wenn er in der reinen Morgensonne vor ihnen daliegt in seiner schwarzen Pracht .... Schöner ist er aber, wenn Nebel ihn decken, und in luftigen Gestalten über ihn hinwehen, wie Ossians Geister; wenn aus dem Chaos von Luftgestalten bald ein Alpengipfel, bald eine Felsenkuppe hervortritt . .. und herumschwimmt um¬ flossen von leichten Wolken, wie eine werdende Insel vom Ocean, und dann wieder im Nebel verschwindet . .. wenn der schöpferische Hauch der Morgenlüfte in jeder Minute neue Welten hier schafft aus Felsen und Alpen, aus Nebel¬ wolken und aus den dunklen Wogen des Sees. Wenn es dann eben Sonntag wäre, und Sie sehen die evangelischen Bauern herabrudern zur Kirche von Traundorf, und von Hallstadt hinab zur Pfarre von Goisern; den See bedeckt mit einer Flotille von Ruderbothen; Nachen um Nachen hervortreten aus dem Nebel und wieder verschwinden, .... Sie werden nicht wegkönnen vom Fenster, Sie werden dort angezaubert sitzen, bis alle die gaukeln¬ den Nebelbilder zerronnen sind im immer mächtiger werdenden Strahle der Sonne

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2