OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter gut, das er innerhalb von vierzehn Jahren sechsmal besucht hat. Seine Reisebriefe stellen in ihrer Gesamtheit eine Monographie von bemerkenswerter Vielseitigkeit dar und bieten jedem Heimatforscher einen Schatz köstlichster Einzelbeobachtungen. Wer etwas über das Salzkammergut schreiben will, wird stets zuerst zum alten „Schultes“ greifen müssen. Mag auch vom streng wissenschaftlichen Standpunkt betrachtet vieles in den „Reisen“ zu subjektiv gesehen und manches Urteil zu rasch gefällt sein, umso deutlicher blickt dem aufmerksamen Leser das eigenwillige Ant¬ litz ihres Verfassers aus den vergilbten Blättern entgegen, ein Antlitz, hinter dessen geistvoller Stirn die widersprechendsten Gefühle und Regungen lebendig waren kühle wissenschaftliche Beobachtungsgabe und hemmungslos sich äußernder Haß, scharfer Verstand und träumerische Romantik, ätzender Spott, schonungslose Kritik und warme Herzlichkeit. Wir wollen heute den jungen Romantiker Schultes kennen¬ lernen, der sich dem Naturerlebnis des Salzkammergutes hingeben konnte mit aller Erlebnisfähigkeit seines dritten Lebensjahrzehntes. Machen wir uns die Mühe und heben wir aus der Fülle des Stoffes die Landschaftsschilderungen heraus! Natürlich müssen wir uns bei dieser Lektüre darüber klar sein, daß die Be¬ schreibung einer bereisten Landschaft in jener Zeit eine ganz andere Bedeutung hatte als heute, wo man die meisten Naturstimmungen im Lichtbild einfangen und so zum optischen Dauerbesitz der Erinnerung machen kann. Schultes kam ins Salzkammergut als Entdecker unbekannten Neulandes und sein Tagebuch er¬ setzte ihm gleichsam die Kamera. Erst auf Grund seiner reizvollen Schilderungen sind die Kunstmaler in die „österreichische Schweiz" gekommen! Nur so verstehen wir die geradezu wissenschaftliche Gründlichkeit, mit der der Mediziner und Botaniker Schultes den Landschaftseindruck in kleinste Einzel¬ bilder und Einzelstimmungen zerlegt: „Ich habe meine Seen in Oberösterreich studiert. Verzeihen Sie mir meine Schwatzhaftigkeit, wenn ich von ihnen zu sprechen komme. Mir gewährte dieses Studium hohen Genuß. Ich suchte monate¬ lang im Jahre zu Hause der Wahrheit nach; warum sollte es mir nicht vergönni sein, mit eben dieser Gewissenhaftigkeit aufzuspüren, was schön ist in der Natur, und, wo ich es gefunden habe, die Freunde des Schönen einzuladen zum Genusse, und ihnen denselben zu erleichtern? ......“ 8) Wir wollen dieser Einladung gerne Folge leisten und mit Schultes in die Salzkammergutlandschaft hinein¬ fahren, eingesponnen in ihren jungfräulichen Zauber .... vor hundertfünfzig Jahren... Auszüge aus den „Reisen durch Oberösterreich“ (1. Teil) (Die in Klammer beigesetzten Ziffern bezeichnen die Seiten des Werkes) Herr Dr. Schultes hat uns versprochen, unser Wegweiser in die österreichische Schweiz zu sein, uns „von Markte zu Markte, von Dorfe zu Dorfe“ zu führen und uns auf „alles aufmerksam“ zu machen, was „einiges Interesse“ für uns haben kann (38). „Um alle Wiederholungen zu vermeiden“, hat er uns nach dem 8) J. A. Schultes, Reisen durch Oberösterreich, 1. Teil G. 177. 36

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