OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter Gräben im Zusammenhang zu stehen; die Ableitung ist vielleicht in dem mittelhochdeutschen Wort le, lewer = Erdaufwurf, Hügel zu suchen. Bei der Anlage von Marktl fehlen abzweigende Gräben. In der Nähe der Abzweigung des einen Grabens von der Alz liegt das Bauerngehöft „Förgen“. Hier war also eine Überfuhrstelle. Auch der Namen Hohenwart fällt auf, hier war ohne Zweifel eine Hochwarte, ein Wachturm. Die Anlage von Kastl zieht von Pirach zwischen zwei Wällen in fast nördlicher Richtung nahezu 4 Kilometer lang bis knapp an den „Fürstenweg“ im Öttinger Forst, wo sie anscheinend endet. Der Öttinger Forst liegt auf einer reinen Schotterplatte und zählt der unfruchtbaren Unterlage wegen zu den kümmerlichsten Waldbeständen. Die Annahme, eine Be wässerungsanlage hier zu suchen, wäre mit Rücksicht auf den Schotterboden ver fehlt. Da die Ausführungen in der genannten Schriftenreihe nur oberflächlicher Natur sind, lassen sie kein abschließendes Urteil über diese Anlagen zu. Betrachten wir das Gefälle unserer oberösterreichischen Gräben, so bemerken wir die Absicht des Projektierenden, eine Linie mit durchgehender, gleich¬ mäßiger Neigung dem Gelände anzupassen. Eine solche Linie ist für die Anlage eines Kanals unbedingt notwendig, für die Anlage einer Straße hin¬ gegen erstrebenswert. Aus den Steigungsverhältnissen allein können wir sonach keine bindenden Schlüsse ziehen. Das Alter der Anlagen ist ohne ausreichende Bodenfunde nicht einwand¬ frei festzustellen; wohl können wir aber annehmen, daß diese Anlagen, die sich auf einen Raum von Augsburg bis Wels verteilen, einem einheitlichen Bauwillen entsprungen sind. Als Bauherr kommt sonach wohl nur der Machthaber eines stark gefügten Staates in Frage. Hier können wir mit Berechtigung an die Römer denken. Die Führung dieser in gleichmäßigem Gefälle angelegten Gräben erscheint in alter Zeit um so bemerkenswerter, als doch instrumentale Behelfe im Sinne unserer heutigen Meßinstrumente fehlten. Die Festlegung der Gefällslinien mag in der Art erfolgt sein, daß von dem in der Nähe befindlichen Flußspiegel oder von der Kante der Höhenterrasse durch Staffeln einzelne Punkte mit einem be¬ stimmten Höhenabstand festgelegt wurden. Die Zwischenpunkte konnten sodann durch das Visierkreuz bestimmt werden. Als technische Behelfe genügten hiezu die Schrott- oder Bergwaage und das Visierkreuz, primitive Behelfe, über die die Römer vermutlich bereits verfügten. Bisher wurden die Gråben ohne eingehende Untersuchungen kurzweg als Kanäle, zu Berieselungszwecken angelegt, angesprochen. Außer den gleich¬ mäßigen Neigungsverhältnissen und dem grabenartigen Profil sprechen keine Beweisgründe für eine Wasserbauanlage. Gegen die Annahme, daß es sich um Wassergräben handelt, spricht, wie bereits erwähnt, in erster Linie die geologische Grundlage (Schotker), die zur Wasserführung ohne eine entsprechende mulden¬ förmige Grabenabdichtung ungeeignet ist. Eine solche Grabenabdichtung ist nicht vorhanden, auch sind keinerlei Ablagerungen von Bachschlamm festzustellen. Es erhebt sich auch die Frage, was in so ausreichender Art durch 5 Meter breite 16

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