OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter sein Magen ein gehöriges Quantum „Bradl“ einnehmen konnte. Alle Bauern aber waren nicht so. An diesem Tage wurde von den Pferdleuten nichts mehr gemacht, als nur getrunken und Suez und Port Said besucht, weil sie glaubten, diese seien nicht weit von Pest entfernt. Den anderen Tag, früh am Morgen, wurden die Pferde in die Einstellplätten eingestellt und es ging dahin nach Pest. Die Fahrt dauerte acht Tage. Unterwegs wurden die Pferde an den Nächtigungsplätzen ausgelassen und es wurde Nacht¬ lager geschlagen. Die Fütterung wurde auf den Plätten vorgenommen. Die Leute erhielten täglich ein Gulden Schein Kostgeld, der Vorreiter mehr. War diese Wasserkavallerie am Bestimmungsorte angelangt, so wurden die Requisiten auf die Zugschiffe eingeräumt, es wurde die Stadt besichtigt und es stellte sich großes Verlangen nach der Natural-Schiffskost bei allen ein. Es ist Hochsommer. Der Himmel ergraut schon, die Dämmerung schimmert schon durch, der Vogelsang erhebt sich allmählig, der Sößstaller ist auch schon in der Höhe, schaut sich den Himmel an und betrachtet die Natur, Wind und Wetter. Flugs nimmt er einen Schapfen vom Koch, stößt ihn in das Fahrwasser, zieht ihn herauf und wäscht sich die Hände und das Gesicht. Dann ruft er den Hilfsruderer um ein Handtuch, kleidet sich fertig an und schon erschallt der Ruf: „Auf überall in Gottes Nam! Man sollte nicht glauben, wie die Pferde diesen Ruf freudig vernehmen. Sie springen auf, beuteln den Wellsand ab und sind froh, von den Gelsen befreit zu werden. Jetzt geht es drunter und drüber. Die Zelte, die Futterbarren usw. werden eingeräumt, jedermann ist an seinem Platz. Der Sößstaller läßt die Fahne auf¬ hissen, begibt sich auf seinen Stand, entblößt sein Haupt und verrichtet stehend sein Morgengebet, was ihm alle Mehringer am Schiff und auch der Vorreiter am Land nachmachen, er informiert sich, ob an der Zwiesel eingeschlagen, alles in Ordnung und auch die Abheftung vorgerichtet ist. Wenn der Seilträger, dem dies obliegt, berichtet: „Alles fertig!“ Dann schwingt er seine Schalten 27) und ruft laut und kräftig: „Quandi hab über; Hab'n ..... in Gotts Nam!" und der Zug ist in der Abfahrt begriffen. „Quandi hab über!“ geht die Zillenführer an, über denen der Buesen schwebt, und heißt: nimm dich in acht, daß dich der Buesen nicht hinausschnellt, wenn an¬ geritten wird, denn dabei sind schon viele ersoffen. Das „Habn" geht die Roßleute an, die müssen anreiten. Es hat sich aber ein Anstand ergeben. Der Zug muß wieder ans Land fahren, weil der Schwemmer nicht von seinem Haft los kann, denn sein Haftseil hat sich am Haftstecken verzwickt. Der Geschworene hatte zum Abheften einen Aufleger gestellt, der damit nicht umgehen konnte. Es wurde nun alles hinab beordert, der Ge¬ schworene selbst auch. Der Anstand ist bald behoben, der Schwemmer kann wieder 27) Stange. Fereberger schreibt Schaln, wie das Wort gewöhnlich ausgesprochen wird. 150

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